Das Leben von Christus empfangen - Die Heiligen Mysterien (Sakramente) der Orthodoxen Kirche - Teil 1: Ein Christ werden: Taufe, Myronsalbung & Kommunion.

 

DIE SAKRAMENTE IN

DER ORTHODOXEN KIRCHE:

 

Thomas Zmija v. Gojan

 

Im geistlichen Leben der orthodoxen Christen nehmen die Sakramente (griechisch: μυστήριον , slavisch: Таинство, lateinisch: sacramentum)  einen einzigartig bedeutenden Platz ein. Die Sakramente werden in der orthodoxen Tradition Mysterien genannt. Sie sind heilige Handlungen der Kirche, das heißt, sie werden im Rahmen der Kirche und ihrer Gottesdienste vollzogen und gespendet und sind geistlich spürbare Vermittler des Heils. In ihnen wird durch sichtbare Zeichen und Handlungen die unsichtbare, ungeschaffene Gnade Gottes geschenkt, die von Sünden reinigt, die menschliche Natur heiligt und ihr Kraft auf dem Weg ins ewige Leben gibt.

 

Über die Frage, ob es außerhalb der orthodoxen Kirche, die die Eine, Heilige, Katholische und Apostolische Kirche Christi ist, Sakramente in dem Sinne geben kann, dass sie dem Empfangenden das in Christus gestiftete Heil vermitteln, gibt es in der orthodoxen Kirche keine einheitliche oder gar verbindliche Ansicht. Während die Einen außerhalb der orthodoxen Kirche vollzogene liturgische Handlungen nicht als Sakramente anerkennen und deshalb, zum Beispiel, die Taufe der Häretiker und Schismatiker nicht anerkennen, machen andere wiederum die Anerkennung zumindest der Taufe von der geistlichen Nähe zum Glauben und zum kirchlich-geistlichen Leben der christlichen Gruppierung zur Heiligen Orthodoxen Kirche abhängig, in der die Taufe gespendet wurde. Dies führt zum Beispiel dazu, dass Konvertiten zur Orthodoxie auf dem Heiligen Berg Athos durch den gleichzeitigen Empfang der Mysterien der Heiligen Taufe, der Heiligen Myronsalbung und der Göttlichen Eucharistie aufgenommen werden, während in der Diaspora und in orthodoxen Kirchen russischer Traditionsprägung eine solche Aufnahme in der Regel durch den Empfang von Heiliger Myronsalbung und Heiliger Kommunion erfolgt.

 

 

In der Orthodoxen Kirche werden mindestens sieben kirchliche Handlungen als Sakramente betrachtet:

 

1.: Taufe

2.: Myronsalbung (Firmung)

3.: Eucharistie

4.: Beichte (Buße)

5.: Priesterweihe

6.: Ehe

7.: Krankensalbung

 

Hierin stimmt die orthodoxe Kirche mit römischen Kirche überein. Darüber hinaus werden aber auch

 

-      Die Weihe des Großen Weihwassers (Agiasma/Jordan) am Fest der Theophanie

-      Die Mönchsweihe

-      Die Weihe einer Kirche

-      Die Weihe der heiligen Ikonen

-      Die Salbung und Krönung des Königs

 

zu den heiligen Mysterien oder Sakramenten gezählt. Jedes Sakrament hat zwei Seiten; es trägt gleichsam zwei Aspekte in sich: die materielle, sichtbare oder äußere und die geistliche, unsichtbare oder innere Seite.

 

Die sichtbare Seite der Sakramente sind die Materie und kirchlichen Symbolhandlungen, die bei ihrer Spendung verwendet werden, sowie die Worte, die ausgesprochen werden und die liturgischen Handlungen begleiten.

 

Die unsichtbare Seite ist die geheimnisvolle Spendung der Gnadengaben des Heiligen Geistes, die bei jedem Sakrament verschieden sind.

 

So wird:

 

-      in der Heiligen Taufe der Mensch von Sünden gereinigt und zu einem neuen geistlichen Leben in Christus geboren;

 

-      bei der Heiligen Myronsalbung werden dem gerade Getauften die Gaben des Heiligen Geistes gegeben, die für das Wachsen und die Stärkung des jungen Christen in seinem neuen Leben notwendig sind;

 

-      in der Göttlichen Eucharistie empfängt der Gläubige den Wahren Leib und das Kostbare Blut Christi und wird so mit Christus vereinigt;

 

-      in der Heiligen Beichte wird die Gnade zur Buße gegeben, die durch die Lossprechung durch den Priester, der nicht aus eigener Vollkommenheit, sondern an Christi statt handelt, von den nach der Taufe begangenen Sünden reinigt;

 

-    in der Heiligen Handauflegung (Cheirotonie) oder Priesterweihe wird die sakramentale, priesterliche Gnade weitergegeben, die für die geistliche Wiedergeburt und die Erziehung der anderen Gläubigen durch Gebet, Verkündigung und Sakramente notwendig ist;

 

-      in der Heiligen Krönung oder dem Ehesakrament empfängt der Christ die Gnade, die seinen Ehebund und die Geburt und Erziehung der Kinder heiligt;

 

-      im Sakrament des Heiligen Öls oder der Krankensalbung wird die Gnade gegeben, die die Genesung von körperlichen Gebrechen durch die Heilung der seelischen Ursachen der leiblichen und seelischen Krankheiten ermöglicht, das heißt durch die Vergebung der Sünden, die in den Gebeten in diesem Sakrament erfleht wird. 

 

Zum materiellen, sichtbaren Aspekt des Ehesakramentes gehören die Hochzeitskronen. Sie symbolisieren den nun beginnenden, gemeinsamen Weg der Eheleute durch ihre sakramental gestiftete eheliche Gemeinschaft zum Heil.
Zum materiellen, sichtbaren Aspekt des Ehesakramentes gehören die Hochzeitskronen. Sie symbolisieren den nun beginnenden, gemeinsamen Weg der Eheleute durch ihre sakramental gestiftete eheliche Gemeinschaft zum Heil.

 

Die Orthodoxe Kirche unterscheidet zwischen der Gültigkeit und der Wirkung der Sakramente.

 

Damit ein Sakrament gültig ist, ist erforderlich, dass:

 

-      der Spender eine rechtmäßig geweihte Person ist (Priester oder Bischof);

 

-      der Spender den Heiligen Geist im Gebet herabruft und das im Euchologion dargelegte, erforderliche Gebet (die sakramentale Formel) spricht;

 

-      und dass die für die Spendung und den Vollzug des Sakramentes bestimmte Materie vorhanden ist.

 

Die Wirkung des Sakraments hängt einerseits von rechten, geordneten kirchlichen Form seiner Spendung ab, und was besonders wichtig ist, von der inneren seelischen Disposition desjenigen, dem das Sakrament gespendet wird. Die Seele des Empfängers des Sakramentes muss darauf vorbereitet sein, die Gnade Gottes empfangen zu können. Denn die heiligen Sakramente sind Mittel der Heiligung der gläubigen Christen. Aber sie wirken nicht mechanisch und die Heiligung vollzieht sich an uns nicht automatisch. Die Heiligung entspringt der Gnade und Barmherzigkeit Gottes. Sie wird von uns immer empfangen und kann von uns – auch nicht durch die größten asketischen Bemühungen – „gemacht“ werden. Insofern bleiben wir immer gnadenhaft Empfangende, jedoch ist für uns Bemühung und Eifer notwendig, damit wir uns öffnen und für den Empfang der Gnade Gottes vorbereiten. Wir müssen uns vorbereiten mit Demut und durch Glaube, Hoffnung und Liebe. Die Gnade, die in den Sakramenten von allen Gläubigen gleich empfangen wird, muss in unserem Leben wirksam werden. Gott bietet uns seine Liebe und die Erlösung an, jedoch zwingt Er sich uns nicht auf. Wir müssen der Gnade Gottes „handelnd zustimmen“, das heißt mit dem Willen Gottes in Übereinstimmung handeln (Synergeia, vgl. 1. Korinther 3 :9). So nimmt nicht die Gnade Gottes an sich, sondern unsere Fähigkeiten sie zu empfangen ab oder zu in Abhängigkeit von unserem geistlichen Tun, damit die Samenkörner des Heiles, die durch den Empfang der Sakramente in uns gelegt werden gleich wie auf unterschiedlichem Boden, nicht zugrunde gehen, sondern reiche Frucht bringen.

 

Alle Sakramente sind Werkzeuge des erlösenden Heilshandeln Christi an uns. Da das durch Christus gewirkte Heil für uns durch und in Seiner Heiligen Kirche dauerhaft gegenwärtig ist, können die Gnadenmittel der Heiligen Sakramente nur in und durch die Heilige Kirche empfangen werden, deren Haupt Jesus Christus selbst ist und in der unverlierbar der Heilige Geist an uns wirkt. 

 

 

Die Allheiligen Mysterien (Sakramente) in der Orthodoxen Kirche

 

Thomas Zmija v. Gojan

 

Alle Mysterien (Sakramente) bilden in der Orthodoxen Kirche eine Einheit um das von und in Christus gestiftete Heil. Durch den Empfang der Allheiligen Mysterien erhalten die Gläubigen gnadenhaft Anteil an diesem, von Christus Selbst, gestifteten Heil. Die heiligen Mysterien werden in und durch die Eine, Heilige, Katholische und Apostolische Kirche gespendet. Deshalb kann es auch außerhalb der Heiligen Kirche kein Heil geben, weil es außerhalb der Kirche auch keine Sakramente gibt. Ob und wieweit die außerhalb der orthodoxen Kirche stehenden Christen durch Gottes Gnade ebenfalls Anteil an der durch Christus Selbst gestifteten Heiligen Kirche Christi haben können, unterliegt jedoch nicht unserer menschlichen Beurteilung, sondern ist allein abhängig von der Barmherzigkeit und Liebe Gottes, der will, dass alle Menschen gerettet und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen (vgl.: 1. Timotheus 2:4). 

 

Die orthodoxe Kirche gebraucht im Unterschied zu den westlichen Glaubensgemeinschaften nicht den Begriff „Sakrament“, sondern bevorzugt die Ausdrucksweise „Mysterion“. Alle Mysterien vermitteln mit Hilfe der geschaffenen Materie die unerschaffene Gnade Gottes. So werden zum Beispiel in der Feier der Heiligen Kommunion sowohl die zur Verwandlung vorgelegten Gaben von Brot und Wein, als auch die Herzen und Seelen der sich durch die Feier der Göttlichen Liturgie vorbereitenden Gläubigen vermittels des Wirkens des Heiligen Geistes verwandelt und erhalten dadurch Anteil an den Gnadenwirkungen der ungeschaffenen Energien Gottes. Der Mensch als seelisch-leibliches Geschöpf braucht die geschaffenen Gaben der Schöpfung, um sich der unerschaffenen Gnade Gottes nähern und sie zu seinem Heile zu empfangen zu können. Das Wesentliche in den Allheiligen Mystrien ist nicht der geschaffene Träger, sondern die durch sie an uns wirkende unerschaffenen Gnade Gottes. Deshalb werden die Heiligen Väter nicht müde uns daran zu erinnern, dass derjenige, der an den Heiligen Mysterien teilnimmt, sich nicht auf die Betrachtung ihres geschaffenen Trägers beschränken darf, sondern sich um die geistige Erkenntnis der darin verborgenen ungeschaffenen Gnadengabe Gottes  bemühen muss.

 

Eine konkrete Begrenzung  auf eine Siebenzahl der Sakramente wurde in der westlichen Kirche erst in der mittelalterlichen Scholastik vollzogen. Die Orthodoxe Kirche stimmt mit der Kirche des Abendlandes in der Anerkennung des Mysteriencharakters der sieben, von der abendländischen Kirche als Sakramente anerkannten, kirchlichen Gnadenhandlungen überein. Darüber hinaus werden in der orthodoxen Kirche aber auch die Große Wasserweihe, die Mönchsweihe und die Weihe einer Kirche zu den Mysterien gezählt.  

 

 

Die Mysterien (Sakramente)

der Heiligen Orthodoxen Kirche

 

Thomas Zmija v. Gojan

 

Die Mysterien (Sakramente) sind der Ausdruck für das Geheimnis der Vermittlung der unerschaffenen Gnade Gottes. Durch dem Empfang der Heiligen Mysterien erhalten wir durch die Barmherzigkeit Gottes sakramentalen Anteil an den Gnadengaben des großen Erlösungsmysterium Gottes, der Menschwerdung Seines Eingeborenen Sohnes Jesus Christus. Deshalb bilden alle Sakramente in der orthodoxen Kirche eine Einheit um das Große Mysterion-Sakrament, das Heilhandeln Jesu Christi in Seiner Menschwerdung. 

 

Die orthodoxe Kirche verwendet im Gegensatz zu den westlichen christlichen Konfessionen nicht das Wort «Sakrament», sondern den Begriff «Mysterion» um die einzelnen Aspekte dieses Heilhandelns Christi vermittels der Sakramente seiner Kirche zu umschreiben. Alle Mysterien der orthodoxen Kirche sind somit geschaffene Mittel, durch die die unerschaffene Gnade Gottes vermittelt wird. Wir Mensch als geschaffene Wesen, die mit ihrem Leib dem materiellen Teil des Kosmos und mit ihrer Seele und ihrem Geist (Nous) dem geistigen Teil des Kosmos angehören, brauchen diese geschaffenen Gnadenmittel, um uns der unerschaffenen Gnade Gottes nähern und sie empfangen zu können. Das Wort «Mysterion», das wir in der orthodoxen Kirche in Übereinstimmung mit den Heiligen Vätern zur Umschreibung der Sakramente verwenden, kommt von griechisch Wort „myoo", was die „Augen verhüllen“ bedeutet. Die Verwendung des Wortes Mysterion ist ein Hinweis der Heiligen Väter darauf, dass wir die ganze Bedeutungsfülle der Sakramente mit unserem menschlichen Verstand nicht zu begreifen vermögen, dass wir uns jedoch durch den kirchlich-liturgischen Vollzug des Sakramentes, zu dem auch sein gläubiger und demütiger Empfang gehört, der im Sakrament verborgenen Wirklichkeit Gottes (das heißt, dem Wirken Gottes in Seinen Ungeschaffenen Energien (Heiliger Gregor Palamas)) soweit anzunähern vermögen – wir Orthodoxen sprechen in diesem Zusammenhang von «erfahren» - „wie wir es zu ertragen vermögen“ (vgl.: Troparion des Festes von Christi Verklärung). So ist das Wesentliche in den Heiligen Mystrien ist nicht die geschaffenen Träger, sondern die unerschaffenen Gnade, die sie vermitteln. Aus diesem Grunde darf sich derjenige, der an den Heiligen Sakramenten teilnimmt, nicht auf die Betrachtung ihres geschaffenen Trägers beschränken, sondern muss die darin verborgene Ungeschaffene Gnade Gottes geistig erkennen.

 

Das Mysterion der Heiligen Taufe
Das Mysterion der Heiligen Taufe
Das Mysterion der Heiligen Myronsalbung
Das Mysterion der Heiligen Myronsalbung
Das Mysterion der Heiligen Eucharistie oder der Heiligen Kommunion
Das Mysterion der Heiligen Eucharistie oder der Heiligen Kommunion
Das Mysterion der Heiligen Krönung oder Ehe
Das Mysterion der Heiligen Krönung oder Ehe
Das Mysterion der Heiligen Handauflegung (Cheirotonie) oder Priesterweihe
Das Mysterion der Heiligen Handauflegung (Cheirotonie) oder Priesterweihe
Das Mysterion der Heiligen Beichte
Das Mysterion der Heiligen Beichte
Das Mysterion des Heiligen Öls oder Krankensalbung
Das Mysterion des Heiligen Öls oder Krankensalbung

 

Dies soll hier am Beispiel des Mysterions der heiligen Eucharistie (griechisch: Μυστήριο της Θείας Ευχαριστίας, russisch: Таинство Евхаристия или Святое Причастие) einmal verdeutlicht werden: Bei der Feier der heiligen Eucharistie erblicken unsere leiblichen Augen nur die in der Feier der Göttlichen Liturgie Gott vorgelegten und dargebrachten irdischen Gaben von Brot und Wein. Wenn in der Feier der Göttlichen Liturgie jedoch das Gebet der Epiklese gesprochen wurde und die Heiligen Gaben zum wahren Leib und kostbaren Blut Christi geworden sind, werden sie auch für uns, wenn wir mit gläubigen und demütigem Herzen zum Kelch des Heiles in der Heiligen Kommunion herantreten zu dem, was sie im Vollzug des heiligen Mysterions geworden sind: der Allheilige Leib und das Kostbare Blut unseres Erlösers Jesus Christus. Wir erfahren ihre gnadenvermittelnde Wirkung, die der Heilige Irenäus von Lyon als „Pharmakon Athanasias“ (φάρμακον αθανασιας  = die Arznei zur Unsterblichkeit) beschreibt: Unsere, durch die Neigung zur Sünde verwundete (= sterblich gewordenen) menschliche Natur bekommt durch die Vereinigung mit dem Allheiligen Leib und dem Kostbaren Blut Christi gnadenhaft Anteil an menschlichen Natur Christi. Sie wird dadurch vergöttlicht, das heißt auch wir werden durch die Gemeinschaft mit Christus verwandelt und dadurch befähigt, durch die Askese (dies ist unserer frei-williger Anteil an unserer Erlösung) unsere Leidenschaften zu überwinden, die Sünden mehr und mehr zu meiden und dadurch wiederum mehr und mehr in das Bild (griechisch: εἰκών (Eikon), russisch: обрас (Obras)) Christi verwandelt zu werden. So wird durch dem Empfang der Heiligen Kommunion der Gläubige immer tiefer in Christus verwurzelt. Durch die Theosis erfahren wir eine Wirklichkeit, von der der heilige Apostel Paulus sagt: „Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir“ (Galater 2:20). Dadurch wird unsere schöpfungsgemäße, menschliche Natur mehr und mehr in uns wieder hergestellt und wir erlangen durch die in uns wirkende ungeschaffene Gnade des Heiligen Geistes am Ende auch gnädigen Anteil am ewigen Leben bei Gott. 

 

Da es heute unter den orthodox geprägten Staaten keine Monarchien mehr gibt, ist das Mysterion der Königsalbung aus dem praktischen Gebrauch gekommen. Das Bild zeigt die Königssalbung des letzen russischen Zaren Nikolai II.
Da es heute unter den orthodox geprägten Staaten keine Monarchien mehr gibt, ist das Mysterion der Königsalbung aus dem praktischen Gebrauch gekommen. Das Bild zeigt die Königssalbung des letzen russischen Zaren Nikolai II.

 

Die der abendländisch-scholastischen Tradition folgende konkrete Zahl von sieben Sakramenten wurde in der westlichen Kirche erst Anfang des zweiten Jahrtausends allmählich festgelegt. Diese sieben Sakramente (Taufe, Myronsalbung, Eucharistie, Beichte, Krönung oder Ehe, Sakrament des Heiligen Öls oder Krankensalbung, Handauflegung (Cheirotonie) oder  Priesterweihe) gelten auch in der orthodoxen Kirche und den übrigen christlichen Konfessionen des Ostens als Sakramente. Darüber hinaus werden in der orthodoxen Kirche unter anderem die Große Wasserweihe am Fest der Theophanie, die Weihe einer Kirche, die Beerdigung (панихида), die Weihe der Ikonen, die Mönchsweihe und die Salbung und Krönung des Königs zu den Mysterienhandlungen der Heiligen Kirche gerechnet. Alle diese Mysterien waren seit der Zeit des irdischen Wirkens Christi oder seit apostolischer Zeit im Glaubensleben der Heiligen Kirche vorhanden ( vgl.: 1. Коrinther 13: 2 und 1. Тimotheus 3: 9). Die orthodoxe Kirche feiert und zelebriert die Heiligen Mysterien, ohne ihre Zahl beziehungsweise die Art, wie sich die Details des Wirkens Gottes in und durch sie gestaltet, konkret fixieren zu wollen. So sind die einzelnen Mysterien nur Handlungsweisen oder Aspekte des einen Mysteriums der Heiligen Kirche, der von Christus gestifteten Arche unseres Heiles, in welchen der barmherzige und menschenliebende Gott das göttliche Leben mit der Menschheit teilt. 

 

 

Die ihr auf Christus seid getauft - die drei heiligen Mysterien Taufe, Myronsalbung und Eucharistie 

 

Thomas Zmija v. Gojan

 

Die drei Mysterien Taufe, Myronsalbung und Kommunion bilden seit apostolischer Zeit in der orthodoxen Kirche eine Einheit. Die ersten beiden genannten Mysterien sind zugleich die Vorausset­zung und Hinführung für dem Empfang der Heiligen Kommunion, der Teilhabe am Allreinen Leib und am kostbaren Blut Jesu Christi. Deshalb sind alle drei Mysterien gleichermaßen notwendig, damit der Gläubige mit Christus vereinigt und damit in den Leib Christi, die orthodoxe Kirche eingegliedert werden kann. Denn das Christsein und die Gliedschaft in der Heiligen Kirche sind untrennbar miteinander verbunden. Deshalb lehrt die orthodoxe Kirche auch, dass es außerhalb der Kirche kein Heil gibt; das heißt aber nicht, dass sie sich ein abschließendes Urteil über die außerhalb der sichtbaren Kirchengemeinschaft Stehenden anmaßt, sondern dass sie an der Lehre der Heiligen Apostel unverrückbar festhält, dass der Empfang dieser drei Mysterien der Grundstein und Eckpfeiler unser Rettung ist und dass uns dieser Empfang unmittelbar in die Fülle des christlichen Glaubenslebens einführt.

 

Das Mysterion der Heilige Taufe

 

In der alten Kirche und heute oft wieder bei der Taufe Erwachsener geht dem Empfang der heiligen Taufe ein mehr oder weniger lan­ges Katechumenat voraus. In der alten Kirche war die Eintragung in die Li­ste der Katechumenen ein wichtiger Akt, da der Taufbewerber (Katechumene) von nun an in die Fürbitte der Kirche eingeschlossen war. Heute wird der Ritus der Aufnahme unter die Katechumenen meist unmittelbar vor der Taufspendung vollzogen. In der orthodoxen Kirche gehören bis heute - wie in der apostolischen Zeit und im Gegensatz zu den Neuerungen in den westlichen Konfessionen - zum Gottesdienst der Aufnahme unter die Katechumenen Exorzismen, die den Katechumenen aus der Gewalt des Bösen zu befreien helfen soll­en. Mit der Aufnahme unter die Katechumenen der Kirche ist ebenfalls der Ritus der Bekreuzigung und der Namensgebung als erster Schritt hin zu einem neuen Lebens im Schoße der Kirche und dies bedeutet: unter der Führung Christi und mit dem Beistand Seiner Heiligen verbunden. Mit der Feier der heiligen Taufe findet das Kate­chumenat als erste Phase des Eintritts in das christlichen Leben, die zugleich mit einer ersten Einübung in die Glaubenspraxis verbunden ist, ihren Abschluss. Wird jedoch nicht ein erwachsener Mensch sondern ein Kind getauft übernehmen die Eltern und Paten die Aufgabe, der jungen Christen in den kommenden Jahren bei seinem Hineinwachsen in die Kirche und ihren Glauben zu begleiten und zu unterstützen. Die Paten werden dabei zu den geistlichen Eltern des Kindes, wie es seine leiblichen Eltern bereits sind. Das ist auch der Grund, warum die Patenschaft nach orthodoxem Verständnis eine tiefe Gemeinschaft, ein geistliche Verwandtschaft begründet, die die Kirche der leiblichen Verwandtschaft gleichstellt und sie deshalb genauso behandelt.

 

Um den orthodoxen Taufgottesdienst verstehen zu können, ist es wichtig, sich vor Augen zu halten, dass nach orthodoxem Verständnis alles was in liturgischen Symbol vollzogen wird, dadurch auch im irdischen Leben und in der Ewigkeit Gottes wirkmächtig und gegenwärtig wird. Deshalb wird auch zu Beginn der liturgischen Feier der Katechumene sinnbildlich des alten Adams entklei­det. Er wendet sich dem Osten zu, denn er wird sich nun Christus, der Sonne der Ge­rechtigkeit, anschließen. Der Priester haucht den Katechumenen an, um mit dem Geiste Christi (im Hebräischen wird für Hauch und Geist das Gleiche Wort: רוּחַ (Ruach) verwendet) den Geist des Bösen zu vertreiben. Er zeichnet das Zeichen des Heiligen und lebensschaffenden Kreuzes auf Stirn und Brust des Taufanwärters, um dessen Denken und Streben in das Mysterion von Kreuz und Auferstehung Christi einzubeziehen. Er legt ihm die Hand auf, um ihn unter den Schutz Gottes und die Obhut Seiner Kirche zu stellen. In der Vollmacht, die der Auferstandene Sei­nen Aposteln und ihren Nachfolgern den Bischöfen und durch sie den Priestern als ihren beauftragten Liturgen in den Ortsgemeinden gegeben hat (Markus 16: 17), beschwört nun der Priester in Exorzismen die Macht des Bö­sen, den Teufel, den Taufanwärter zu verlassen. Dabei wendet der Priester den Täufling  gegen Westen, das heißt symbolisch gegen das Reich der Finsternis und des Todes. Der Täufling oder wenn es ein Kleinkind ist dessen Pate entsagt nun dem Satan, dem Fürsten dieser Welt, all seinen dämonischen Werken, seinen Dienern, seinem Dienst und seinen Verführerungsversuchen. Darauf fordert der Priester den Täufling auf, zum Zeichen der Abkehr und Verachtung auf den Satan zu speien und zu blasen. Danach wendet der Prie­ster den Täufling wieder in die Richtung der aufgehenden Sonne und fragt ihn mehrmals, ob er sich Christus angeschlossen habe und an Ihn glaube. Hier ist nun der Ort, wo der Täufling oder sein Pate anstelle des zu taufenden Säuglings das orthodoxe (nikäno-konstantinopolitanische) Glaubensbekenntnis spricht. Am Schluß dieses Teils, der noch zum Gottesdienst der Annahme als Täufling gehört, fordert der Priester den Täuf­ling auf, vor Christus niederzufallen und Ihn anzubeten.

 

Erst jetzt beginnt die eigentliche Tauffeier mit dem für dem Eingangssegen: „Gesegnet sei das Reich des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen“, auf den unmittelbar die Friedens-Ektenie mit besonderen, eingeschobenen Bitten für den zur Er­leuchtung Herantretenden folgt. Seit alters wird die Heilige Taufe in der orthodoxen Kirche auch Erleuchtung (φωτισμοσ = Photismos) genannt. Denn in der Heiligen Taufe leuchtet dem Täufling das Licht Christi auf. Dies deutet hin auf das Licht Christi hin, das in der Verwandlung auf dem Berge Tabor offenbar wurde und in der Theosis, die mit dem Empfang der Heiligen Taufe beginnt, den Täufling mehr und mehr erleuchten und verwandeln soll. Daher werden nun alle Kerzen angezündet und ringsum duftet der Wohlgeruch des Gott dargebrachten Weihrauch.

 

Zunächst wird jetzt das Taufwasser geweiht. In den Fürbitten bittet der Priester um das Überkommen des Heiligen Geistes zur „Er­leuchtung mit dem Licht der Erkenntnis und Gottseligkeit“„um die Gnade der Erlösung, den Segen des Jordans“, der durch Christi Taufe zum Werkzeug der Erlösung geworden ist. Im folgenden Gebet bittet der Priester bittet nun zunächst für sich selbst, auf dass, da er „anderen die Freiheit verkündige und diese ihnen im vollkommenen Glauben“ an Gottes„unaus­sprechliche Gnade darreiche, nicht selbst als Knecht der Sünde unbewährt erfunden werde“. Danach betet er das großartige Wei­hegebet über das Taufwasser: „... Wir bekennen die Gnade; wir verkünden das Erbarmen; wir verhehlen nicht die Wohltat ...“ In der folgenden Epi­klese über das Taufwasser bittet er: „Du Selbst also, menschenliebender König, komm auch jetzt durch das Überkommen Deines Heiligen Geistes und heilige dieses Wasser!“ Dabei bekreuzt er das Wasser, in das er seine Rechte eintaucht und das er anhaucht. Nach dem Wasser segnet der Priester das Katechumenenöl, das als Sinn­bild der Salbung Christi den Neuerleuchteten zu dessen Mitkämpfer gegen das Reich des Bösen erhebt. Denn der Täufling wird nun gesalbt, wie in der Antike der Athlet gesalbt wurde, am ganzen Leib, das heißt an Stirn, Brust, zwischen den Schultern, an Händen und Füßen.

 

Die sich daran anschließende Taufe selbst geschieht durch dreimaliges, vollständiges Untertauchen, wobei die Taufformel gesprochen wird: „Getauft wird der Knecht (die Magd) Gottes N. N. im Namen des Vaters - Amen - und des Sohnes - Amen - und des Heiligen Geistes - Amen" Das der Heiligen Kirche seit apostolischen Zeiten und in der orthodoxen Kirche und allen Kirchen des Ostens bis zum heutigen Tag treu bewahrte, dreimalige Untertauchen des nach Osten gerichteten Täuflings symbolisiert das Mitgestorben- und Mitbe­graben- und Mitauferstandensein in Christus.

 

Im Blick auf den ganzen Gottesdienst, in dem das Mysterion der Heiligen Taufe gespendet wird, gilt zu betonen, dass nicht allein das Untertauchen des Täuflings für den Vollzug der Heiligen Taufe notwendig ist, so dass man sie darauf beschränken könnte. Die sieht man unter anderem daran, dass nach einer erfolgten Taufe (Nottaufe) in Todesgefahr durch einen Laien, die noch fehlenden Riten des Gottesdienstes der Heiligen Taufe später (nach der Wiedergesundung des Täuflings) vom Priester in der Kirche vollzogen werden. Dies macht deutlich dass die Feier des Mysterions der Heiligen Taufe aus einer Vielzahl von aufeinander zugeordneten Symbolen und Handlungsbe­zügen besteht, die erst in ihrer Ganzheitlichkeit das Göttliche Mysterion der Heiligen Taufe ausmachen.

 

Zur Tauffeier selbst gehört auch die Bekleidung des Wiedergeborenen mit einem weißen Gewand. Dadurch wird der im Mysterion der Heiligen Taufe liturgisch am Täufling vollzogene Zueignungsakt der durch Christi Heilshandeln gewirkten Rechtferti­gung eigens versinnbildlicht, was auch die priesterliche Formel bei der Übergabe des Taufkleides be­zeugt: „Bekleidet wird der Knecht (die Magd) Gottes N. N. mit dem Gewände der Gerechtigkeit im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.“ Das orthodoxe Verständnis der Rechtfertigung leuchtet noch einmal hell auf im Gesang des Chores bzw. der versammelten Gemeinde: „Rei­che mir das Lichtgewand, der Du Dich umkleidest mit Licht wie mit einem Gewände, erbarmungsvoller Christus, unser Gott!“


Im Gegensatz zu den im theologischen Detail zwar unterschiedlichen, doch in der grundsätzlichen Betrachtungsweise gleich ausgerichteten Deutungen der beiden abendländischen Konfessionen versteht die orthodoxe Kirche die Rechtfertigung nicht in erster Linie als einen gesetzlichen Vorgang, sondern als ein gnadenhaftes Anteilbekommen am Ungeschaffenen Göttlichen Licht der Verherrlichung, das wir Orthodoxen mit dem Begriff der Vergöttlichung, der Theosis, beschreiben.

 

 

Das Mysterion der Chrisma- oder Myronsalbung

 

 

Die heilige Chrisma- oder Myronsalbung ist das Mysterion der Versiegelung mit der Gabe des Heiligen Geistes. Diese Salbung wir unmittelbar an die heilige Taufe anschließend gespendet. Dazu wird ein besonderes Salböl, das heilige Myron,  einer Mischung von Olivenöl, Balsam und anderen wohlriechenden Essenzen, verwendet. Das Myron (von griechisch μύρον = duftendes Öl) wird gemäß Exodus 30, 23-91 aus Ölivenöl zubereitet, dem dabei 60 verschiedene Spezereien beigegeben werden. Es wird am Großen und Heiligen Donnerstag (Gründonnerstag) der Karwoche von den Patriarchen und Oberhäuptern der autokephalen orthodoxen Kirchen zubereitet und unter Assistenz der um den jeweiligen Patriarchen versammelten Bischöfe geweiht. Die Einsetzung dies Mysterion der Myronsalbung wurzelt in apostolischer Zeit (Apostelgeschichte 8: 17; 19: 6; 1.  Johannes  2: 20.27; 1. Korinther 1: 2) und ist eine Frucht der Gabe des Heiligen Geistes, der am Pfingstfest auf die Heiligen Apostel hernieder kam. Schon in apostolischer Zeit war das Mysterion der Heiligen Taufe mit der mit einer Handauflegung verbundenen Gabe des Heiligen Geistes verbunden. Aus dem Mysterion der Geistgabe durch Handauflegung entwickelte sich in apostolischer und aachapostolischer Zeit  das heutige Mysterion der heiligen Myronsalbung. Auch die Bereitung und Weihe des Heiligen Myron oder Chrisam gehört zu den heiligen Mysterien (Sakramenten) der orthodoxen Kirche. Nach der Weihe wird das Heilige Myron den einzelnen Bischöfen zugeteilt, die es wiederum nach den pastoralen Bedürfnissen den einzelnen Pfarrkirchen und Klöstern austeilen. Einige autokephale Kirchen, wie z.B. die "Orthodox Church in America" oder die Orthodoxe Kirche von Hellas erhalten jedoch das Heilige Myron weiterhin durch ihre altehrwürdigen Mutterkirchen. Das heilige Myron wird außer bei der Myronsalbung auch bei der Weihe eines Altars verwendet und seit spätbyzantischer Zeit bei der Salbung und Krönung eines orthodoxen Kaisers oder Königs.

 

Das Mysterion der heiligen Chrisam oder Myronsalbung, das in der orthodoxen Kirche jeder tau­fende Priester im Anschluss an die Spendung der heilige Taufe vollzieht, ist die Mitteilung Gabe des Heiligen Geistes, die der heilige Apostel Paulus als „Versiegelung“ bezeichnet, denn der Christ wird in der Kirche wiedergeboren durch den Empfang der Heiligen Taufe und in den Neuen Bund mit Gott aufgenommen durch die Versiegelung mit der Gabe des Heiligen Geistes. Die Versiegelung befähigt verleiht das allgemeine Priestertum das den orthodoxen Gläubigen befähigt, sich selbst, durch ein auf Christus ausgerichtetes und durch Ihn geprägtes Leben, Gott zum Opfer darzubringen und als lebendiger Baustein im Tempel des Neuen Bundes, der Heiligen Orthodoxen Kirche zu leben. Auch befähigt die Myronsalbung den orthodoxen Christen in der Gemeinschaft der Kirche Gott das Lobopfer dar zu bringen und die in der Heiligen  Eucharistie ausgeteilten Gaben und Gna­den zu empfangen. So ist die heilige Myronsalbung die Übermittlung der Gabe des Heiligen Geistes. Sie begründet in ihm das  an die Neugetauften begründet allgemeine Priestertum aller Gläubigen, welches neben dem besonderen apostolischen Priestertum besteht. Beide Formen des Priestertums sind in der orthodoxen Kirche wesensnotwendig und auf das Innigste aufeinander bezogen. Deshalb kann der Priester auch nicht ohne die Anwesenheit des übrigen Gottesvolkes (Laos) die Mysterien Christi, vor allem die Göttliche Liturgie (Heilige Eucharistie) vollziehen. 

 

Im Gegensatz zum Mysterion der Heiligen Taufe ist die Heilige Myronsalbung in besonderen Fällen sogar wiederholbar. Sie wird dann losgelöst von der Heiligen Taufe ge­spendet. So wird z. B. die Heilige Myronsalbung erneut gespendet, wenn sich nach einer Trennung von der Kirche ein bereits Ge­taufter der Kirche erneut zuwendet und mit ihr versöhnt.

 

Aus diesem Grunde werden auch die "Konvertiten", die sich aus dem Schisma oder Häresie der Kirche zuwenden und deshalb bisher von ihr getrennt waren, meist durch Myronsalbung in die orthodoxe Kirche aufgenommen. Dies setzt aber voraus, dass die orthodoxe Kirche "kat óikonomian" ( = aus Barmherzigkeit von der Strenge des kirchlichen Regeln abweichend und um der pastoralen Fürsorge willen: also damit das Seelenheils des Betroffenen gefördert wird) die außerhalb der Kirche vollzogene Taufe anerkennen kann. Dafür ist jedoch immer die Taufe mit der trinitarischen Taufformel Voraussetzung, wie sie der katholischen und evangelischen Kirche in Deutschland ausgeübt wird.

 

Jedoch gibt es orthodox keine automatische Anerkennung der außerhalb der Heiligen Kirche gespendeten Taufen oder gar der Bischofs-, Priester- und Diakonatsweihen. Insofern kann der orthodoxe Priester die außerhalb der Kirche gespendete Taufe anerkennen, er muss es jedoch nicht zwingend. Auch gibt es in Bezug auf die Vorgehensweise bei der Aufnahme von Konvertiten in die Heilige Kirche innerhalb der Orthodoxie bisher keine einheitliche Praxis. Während die Konvertiten in der Diaspora - aber auch in der russischen Kirche - meist durch Myronsalbung aufgenommen werden, ist in griechischen Kirche die Taufe die vorherrschende Praxis.

 

Vor allem orthodoxe Mönche, vor allem auf dem Heiligen Berges Athos, sind meist nicht bereit, außerhalb der orthodoxen Kirche gespendete Taufen anzuerkennen. Hier wird eine Aufnahme in die Heilige Kirche dann immer durch Taufe vollzogen, da weder die gespendete Taufe noch andere Sakramente in den heterodoxen christlichen Glaubensgemeinschaften anerkannt werden. 

 

 

Der Taufakt findet seinen Abschluss mit zwei symbolischen Handlungen, die ursprünglich am achten Tag nach der Taufe vollzogen wurden, heute aber meist unmittelbar auf die Taufe selbst erfolgen: Das Abwaschen der Salbung und das erste Scheren des Haupthaares.

 

Das Abwaschen der Salbung wird begleitet durch drei priesterliche Gebete, die den göttlichen Segen für den Neugetauften erflehen. Danach erfolgt eine öffentliche Verkündigung der vollzogenen Taufe: „Du bist gerechtfertigt, bist erleuchtet. Du bist getauft, bist erleuchtet, bist gesalbt, bist geheiligt, bist gewaschen im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.“


Dem symbolischen, kreuzförmigen Abschneidens des Haupthaares gehen eine Handauflegung, die von zwei priesterlichen Gebeten begleitet wird voraus. In dieser Symbolhandlung finden wir zwei Komponenten. Zum einen der 
Übereignungsgestus, mit dem der Neugetaufte öffentlich als Diener und Nachfolger Christi proklamiert wird und zum anderen die Segnung für den neuen, christlichen Lebensweg. So heißt es im Gebet der Handauflegung:„Dein Segen komme auf sein (= des Täuflings) Haupt herab. Gleichwie Du durch Deinen Propheten Samuel den König Da­vid gesegnet hast, so segne auch das Haupt Deines Knechtes (Deiner Magd) N. N. durch meine Hand, obgleich ich ein Sün­der bin, indem Du über ihn (sie) kommst durch Deinen Heili­gen Geist, auf daß er (sie) an Alter zunehme, dereinst aber auch mit grauen Haaren Dir die Verherrlichung emporsende und schauen möge das Glück Jerusalems alle Tage seines (ihres) Lebens!“

 

 

Die Heilige Kommunion oder die Teilnahme am Heiligen Mysterion der Eucharistie

 

Durch den Empfang der Heiligen Kommunion, also durch unsere Vereinigung und Teilhabe am Allheiligen Leib und Kostbaren Blut Christi, wird gefestigt und aufgebaut, was durch den Empfang der Heiligen Mysterien von Taufe und Myronsalbung in uns eingeleitet wurde: Die Theosis - unsere gnadenhafte Vereinigung mit Christus. Diese Vereinigung mit Christus ist nicht ein einmaliges Ereignis, wie es etwa der protestantische Pietismus mit seinem "Bekehrungserlebnis" meint, sondern ein Eintreten,- eine Teilhabe - an einer bleiben­den Wirklichkeit. Durch die Teilnahme an der Heiligen Kommunion wird der orthodoxe Gläubige in der Theosis immer tiefer in Christus verwurzelt, so dass erfahrbare Wirklichkeit wird, was der Apostel Paulus sagt: „Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir“(Galater 2: 20). Wichtig ist auch, dass sich diese Vereinigung nicht isoliert von der Heiligen Kirche wie in einer protestantischen Frömmigkeit vollzieht, sondern inmitten der geistlichen Lebensgemeinschaft der Heiligen Kirche. Es ist die Feier der Göttlichen Liturgie, in der wir Christus immer wieder im Kelch des Heiles begegnen. Diese Begegnung findet statt in der Versammlung der Christen, der orthodoxen Gemeinde, wo die Feier der Göttlichen Liturgie vollzogen wird und sich dann irdische und himmlische Kirche im gemeinsamen Gottesdienst begegnen. Hier vollendet sich unser sakramentales Einswerden mit Christus, das in den Mysterien der Heiligen Taufe und Myronsalbung seinen Anfang genommen hat.

 

 

Das Mysterion der Wiedergeburt zum geistlichen Leben – die Heilige Taufe

 

(Таинство Крещения)

 

Thomas Zmija v. Gojan

 

 

Unser Herr Jesus Christus setzte das Sakrament der Heiligen Taufe nach Seiner glorreichen Auferstehung ein, als Er Seinen Jüngern erschien und zu ihnen sprach: "Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes" (Matthäus 28,19).

 

Die Heilige Taufe ist das Sakrament, in dem der Gläubige durch dreimaliges Untertauchen im geheiligten Taufwasser im „Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ von der Erbschuld und von den persönlichen Sünden (wenn der Täufling erwachsen ist) gereinigt wird. Damit wird er wiedergeboren zu einem neuen, gerechten und heiligen Leben in der Gemeinschaft mit Gott. Durch den Empfang der Heiligen Taufe werden wir eingefügt in den Tempel des Leibes Christi; wir werden also zu einem Glied der Heiligen Kirche. So beginnt mit dem Empfang der Heiligen Taufe auch unsere eigene geistliche Reise zur Erlösung. Die heilige Taufe war der erste Schritt auf diesem Wege. Diesem Weg gehen wir innerhalb der Gemeinschaft der Heiligen Kirche, die uns als Arche des Heiles geistlich über das Meer des Lebens geleitet.  Die Heilige Taufe ist das einzige Sakrament, das Nichtchristen gespendet wird und durch das der Täufling ein Christ wird. Bildhaft gesprochen ist die Taufe das Eingangstor in die Kirche und die Bedingung für die Teilnahme an ihrem Gnadenleben. 

 

Die Taufe, die der Heilige Johannes der Täufer spendet hat, war kein Sakrament. Sie hatte nur eine voraus- und hinweisende Bedeutung und war damit ein typologisches Bild der durch Christus später eingesetzten, sakramentalen christlichen Taufe. 

 

 

Die sichtbare Seite des Sakraments der Taufe sind das dreimalige Untertauchen in Wasser und das Aussprechen der sakralen Taufformel: "Getauft wird der Diener/die Dienerin Gottes (hier wird der in der Taufe nun empfangene christliche Nqamen genannt) im Namen des Vaters (Amen) und des Sohnes (Amen) und des Heiligen Geistes (Amen)."

 

Die Taufe durch Übergießen oder Besprengen ist nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig - bei schwachen und kranken Personen, die nicht im Wasser untergetaucht werden können, denn durch das dreimalige untertauchen werden wir mit Christus sakramental begraben in Seinem Tod und durch das dreimalige Erheben aus dem Taufbrunnen werden auch wir sakramental erhoben aus der Wirkmacht (= dem Reich) des Todes zum ewigen Leben bei Gott (vgl.: Römer 6: 1-14).

 

Zur sichtbaren oder äußeren Seite des Mysterions der Heiligen Taufe gehören auch folgende Riten:

 

-      die Entsagung wider den Satan;

 

-      das Anziehen eines weißen Kleides;

 

-      das Anlegen eines Taufkreuzes auf dem Täufling und

 

-      das Anzünden von Kerzen und das Umschreiten des Taufbeckens.

 

Der Täufling oder - wenn es ein Kleinkind ist sein Pate - widersagt dem Satan, damit dieser vom Täufling vertrieben wird. Auch dieses geschieht nicht magisch, sondern sakramental. Durch den Empfang der Heiligen Taufe bekommen wir die geistliche Kraft, in einem neuen Leben und als ein neues Geschöpf Gottes zu wandeln. Wir empfangen also die Kraft, den Einflüsterungen und Versuchungen des Teufels mit Gottes Hilfe zu widerstehen. Jedoch nimmt Gott von uns nicht einfach jede Möglichkeit hinweg, dass wir durch den Teufel und seine Dämonen versucht werden. Vielmehr gibt er uns die Kraft zur Askese, zur geistlichen Lebensführung, damit wir in der Versuchung bestehen können. So sind wir auf dem Weg der Askese nicht allein. Gottes Beistand und Hilfe begleiten uns, seine heiligen Engel umgeben uns, seine Heiligen treten für uns ein und bitten für uns. Denn durch die Heilige Taufe werden wir in die Heilige Kirche als die in den Himmeln und auf Erden versammelte Familie Gottes aufgenommen. So begleiten und beschützen uns jetzt der bereits in den Himmeln versammelte Teil dieser Familie: vor allem die allheilige Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria, und mit ihr alle Engel und Heiligen. Aber auch der noch auf Erden weilende Teil der Familie Gottes nimmt uns bei unserer Taufe voll Freude in ihrer Mitte auf. Sie unterstützen den Täufling auf seinem neuen Weg durch Fürbitte und Gebet, aber auch durch Rat und Tat.

 

Zu den sichtbaren und äußeren Zeichen der Heiligen Taufe gehört als zweites das Bekleiden des Täuflings mit dem weißen Taufkleid. Es wird im dabei gesungenen Gesang als das „Lichtgewand“ bezeichnet und ist ein Symbol der seelischen Reinheit, welches der Täufling durch die Heilige Taufe empfängt und die er ab jetzt sein ganzes Leben lang treu bewahren soll.

 

 

Dem Täufling wird ein Taufkreuz angelegt als Zeichen dafür, dass er jezt zu Christus gehört und wie Christus das Kreuz seines Lebens geduldig tragen muss. Orthodoxe Christen tragen ihr Taufkreuz beständig, es ist gleichsam die Ikone Christi, die sie ab jetzt durch ihr Leben begleiten wird. Sie stehen durch, dass sie diese Kreuzikone tragen, beständig unter dem Schutz des Heiligen, Lebensspendenden und Wahren Kreuzes Christi. Auch dies geschieht nicht magisch, sondern im Glauben und durch das Gebet. Das Taufkreuz wird nach dem Vollzog der Heiligen Taufe durch Eintauchen in das geheiligte Taufwasser geweiht.

 

Die brennenden Kerzen und das Umschreiten des Taufbeckens sind ein Ausdruck des geistlichen Sieges und der Freude. Die angezündeten Kerzen sind ein Zeichen dafür, dass vom Täufling nun das Licht eines geistlichen Lebens ausstrahlen soll. Der Kreis ist das Symbol der Ewigkeit, daher weist das kreisförmige Umschreiten des Taufbeckens den Täufling darauf hin, dass er für ewig Christus gehören soll. Der Priester trägt ihm das Kreuz Christi voraus, dem er nun treu nachfolgen soll.

 

 

Die innere,  unsichtbare Seite des Sakraments der Heiligen Taufe ist die Wirkung der Gnade Gottes am Täufling. Die Gnade des Heiligen Geistes reinigt ihn von der Erbschuld, die aus der ersten Sünde der Ureltern entstand, sowie von persönlichen Sünden (wenn er erwachsen ist). So wird der Täufling im Mysterion der Heiligen Taufe seelisch wiedergeboren und geheiligt.

 

Die Gnade Gottes wirkt in der Heiligen Taufe an uns jedoch nicht magisch oder mechanisch. Sie schafft das Heil der Einzelperson nicht selbst, sondern unterstützt, stimuliert und stärkt seinen freien Willen auf dem asketischen Weg zur moralischen Vollkommenheit und zum Heil. Dieses Heil wird durch das Gnadenwirken Gottes an uns erlangt. Jedoch ist unser freiwilliges Mittun, unser freiwilliges Zusammenwirken (Synergeia) mit dem göttlichen Erlösungsgeschenk  ebenso heilsnotwendig. Hierzu werden, durch die Gnadenwirkungen der Heiligen Taufe, die Kräfte des menschlichen Geistes erneuert und der Mensch erhält die Möglichkeit, in Freiheit zum Guten hin zu wachsen und geistlich stark zu werden.

 

Von denjenigen, die als Erwachsene das Sakrament der Heiligen Taufe zu empfangen wünschen, sind Glaube und Umkehr gefordert (vgl. Markus 16: 16 & Apostelgeschichte 2: 38). In der orthodoxen Kirche werden sowohl Erwachsene als auch Kinder getauft. Kleine Kinder werden als Angehörige eines christlichen Familie getauft (vgl.: Matthäus 28, 16- 20; Apostelgeschichte 16: 15). Es ist zwar richtig, dass die kleinen Kinder weder einen reflektierten oder ausdrücklichen Glauben haben, noch eine persönliche Umkehr vollziehen können, jedoch ist ihr Glaube oft reiner und tiefer als der erwachsener Menschen.  Persönliche Umkehr wird von kleinen Kindern nicht gefordert, weil sie noch keine persönlichen Sünden haben. In der Heiligen Taufe werden sie von der Erbschuld, eine allen Menschen durch ihre Abstammung von Adam und Eva, dem Urelternpaar des Menschengeschlechtes, mitgegebene Verstrickung in die Leidenschaften, die Geneigtheit zur Sünde und den damit verbundenen Erbtod, gereinigt. So lassen wir nach dem Gebot Christi (vgl.: Matthäus 19: 14) die kleinen Kinder zur Kirche kommen, damit sie auf Grund des Glaubens ihrer Eltern und Paten dort getauft werden. Die leiblichen und geistlichen Eltern (Paten) übernehmen dann die verantwortungsvolle Aufgabe, den kleinen Christen im Laufe der kommenden Jahre dabei zu unterstützen und zu begleiten, dass er/sie in den orthodoxen Glauben und das geistliche Leben der Kirche mehr und mehr hineinwachsen kann.

 

In der Geschichte des Christentums gab es immer Märtyrer für den Glauben. Es kam nicht selten vor, dass die Getöteten zwar selbst noch nicht Christen waren, aber für ihren Glauben an Jesus Christus getötet wurden. In solchen Fällen sprechen wir von einer Bluttaufe, das heißt, der heilige Märtyrer wurde gleichsam durch seinen vergossenes, eigenes Blut getauft. Durch sein Glaubenszeugnis und seine Standhaftigkeit für Christus erlangte er die Gnade Gottes auf gleich schwerer Weise als wir, die sie uns im Mysterion der Heiligen Taufe geschenkt wurde.

 

Das Recht, die Heilige Taufe zu spenden, besitzen im Normalfall nur die geweihten Priester und Bischöfe. Aber in Notsituationen (vor allem Todesgefahr) können auch Diakone und sogar orthodoxe Laien das Mysterion der Heiligen Taufe spenden.

 

 

Die Heilige Taufe - Grund und Quelle unserer Erlösung

 

Häufig gestellte Fragen rund um eine Taufe

 

In welchem Alter sollte ein Kind getauft werden?

 

In Russland und vielen anderen orthodoxen Ländern war es früher üblich, die Kinder möglichst in den ersten Tagen nach der Geburt zu taufen. So wurden die Täuflinge meist schon in den ersten acht Lebenstagen vom Vater und den Paten zur Kirche gebracht, um die heiligen Mysterien (Sakramente) der Taufe und Myronsalbung zu empfangen. Am kommenden Sonntag wurde der Täufling dann zur Göttlichen Liturgie gebracht, um die Heilige Kommunion zu empfangen. Heute werden die Kinder in orthodoxen Familien meist im Laufe des ersten Lebensjahres getauft. Dabei ist es sinnvoll, die Taufe nicht früher als am 40. Tag nach der Geburt stattfinden zu lassen, damit die Mutter schon wieder zu Kräften gekommen ist und der Priester für sie das Gebet nach der Geburt (Reinigungsgebet) gelesen hat. Aber auch eine spätere Taufe ist möglich, wenn das Kind schon bewusst wahrnimmt, was geschieht. Dann sollte man den Täufling jedoch gemäß seiner altersgemäßen Einsichts- und Erklärungsfähigkeit auf den Taufgottesdienst und was dort im Sakrament an ihm geschehen wird vorbereiten. Auch heute ist das Sakrament der heiligen Taufe mit dem Empfang der Myronsalbung verbunden und findet seinen Abschluss in ersten Empfang der heiligen Kommunion des Täuflings in der Göttlichen Liturgie des darauf folgenden Sonntags.

 

Was spricht für eine Kindertaufe?

 

Christen begreifen die Geburt eines Kindes als ein Geschenk Gottes. Diese Gabe Gottes ist den Eltern anvertraut. Die Eltern antworten darauf, indem sie ihr Kind taufen lassen. Gott spricht in der heiligen Taufe den kleinen Kindern seine Liebe zu, unabhängig davon, wie sie sich verhalten. Die Eltern und Paten haben dann die Aufgabe, stellvertretend für die Kinder den Glauben zu bezeugen. Im Laufe der kommenden Jahre ist es die Aufgabe der Eltern mit Hilfe der Paten den Kindern von ihrem christlich- orthodoxen Glauben zu erzählen und sie im vertrauten Rahmen des familiären Lebens in ein Leben des Gottesbeziehung durch Gebet und Teilnahme am Gottesdienst der Orthodoxen Kirche hineinwachsen zu lassen. Deshalb betrachtet die Orthodoxe Kirche das Verhältnis der Paten zu ihrem Taufkind als eine Form der geistlichen Verwandschaft. Die Eltern sollten bestrebt sein, bei der Auswahl der Paten auf deren gelebten orthodoxen christlichen Glauben zu achten. Denn das Patenamt ist ein christlicher Dienst der geistlichen Fürsorge, des Fürbittgebetes und lebensbegleitenden Kümmerns und keine kulturelle Konvention um Freundschafts- oder Familienbande der Eltern zu stärken.

 

Was ist eine Nottaufe?

 

Wenn ein Ungetaufter sehr krank ist und zu sterben droht,  wird eine Nottaufe vorgenommen. Diese Taufe kann jeder Christ und jede Christin, ja sogar ein Katechumene, ausführen. Dabei gießt er Wasser über den Kopf des Täuflings und spricht: "Ich taufe Dich im Namen des Vaters. Amen. Und des Sohnes. Amen. und des Heiligen Geistes. Amen." Auch wenn die Orthodoxe Kirche das Sakrament der Heiligen Taufe durch dreimaliges Untertauchen des Täuflings vollzieht, so reicht wegen der schweren Krankheit und der sich daraus ergebenden Schwächung des Körpers und der sich daraus ergebenden gesundheitlichen Gefährdung des Täuflings das Begießen des Hauptes mit einigen Tropfen Wassers und das Aussprechen der Orthodoxen Taufformel (siehe  oben). Wenn der Täufling mit Gottes Hilfe und wegen Seiner großen Liebe zu uns Menschen wieder gesund wird, so bringen wir den nun Getauften dann in die orthodoxe Kirche, wo der Priester dann die noch fehlenden Gebete aus der Taufe spricht und auch die heilige Myronsalbung vollzieht. Darauf kommt der Täufling am kommenden Sonntag wie jeder andere Täufling auch zum Empfang der Heiligen Kommunion. Stirbt der Täufling jedoch wegen seiner Krankheit, so ist er als Gläubiger der Orthodoxen Kirche zum Herrn entschlafen, den wir kirchlich bestatten und für den wir beim kirchlichen Totengedenken beten.

 

Welche Unterlagen brauchen wir für die Taufe unseres Kindes?

 

Bitte wenden Sie sich an den orthodoxen Priester ihrer Gemeinde und vereinbaren Sie mit ihm einen Termin zum Taufgespräch. Wenn möglich, sollten die Paten zu diesem Gespräch mit dabei sein. Paten können nach den Regeln der Orthodoxen Kirche nur orthodoxe Christen sein. Nach der russischen kirchlichen Tradition bekommt der Täufling zwei Taufpaten, eine Mann und eine Frau. Im Notfall reicht jedoch auch ein Pate aus. In der griechischen Tradition gibt es sowieso nur einen Paten, der griechisch "Nounos", bei der Taufpatin "Nouna", genannt wird. Der Pate besorgt die für die Taufe notwendigen Dinge die Taufkerze, das Öl für die Katechumenensalbung und das Taufkreuz. Hauptsächlich bedeutet "Pate sein", sich um eine persönliche, beständige und lebenslange Verbindung zu seinem Patenkind zu kümmern. Der Pate soll für sein Patenkind in Schwierigkeiten - aber auch bei Glaubenszweifeln - als Ratgeber und älterer treuer Freund da sein, es an der eigenen Glaubens- und Lebenserfahrung teilhaben lassen, unaufdringlich begleiten und durch Rat und Tat unterstützen. Dies bedeutet für Glauben, um um den geht es ja in der heiligen Taufe, vor allem auch eine Begleitung durch beständige Fürbitte vor Gott. Kennen Sie selbst keinen frommen orthodoxen Christen, der das Patenamt übernehmen kann, so sprechen Sie bitte darüber mit dem Priester. Er wird ihnen helfen in der Gemeinde einen geeigneten Paten zu finden. Im Taufgespräch erfahren Sie vom Priester alles Notwendige. Wenn Sie als Eltern ein Familienstammbuch haben, bringen Sie es bitte zum Taufgespräch mit. Auf jeden Fall bringen Sie bitte die Geburtsurkunde des Kindes und Ihre Pässe oder Personalausweise mit.

 

Kann man sein Kind taufen lassen, wenn beide Eltern keine Mitglieder der Orthodoxen Kirche sind?

 

Die Entscheidung, ob eine Taufe auch dann möglich ist, wenn beide Elternteile keine orthodoxen Christen sind, obliegt der Entscheidung des Priesters. Bitte sprechen Sie mit Ihm. Da nach orthodoxem Verständnis Gott Selbst in den Sakramenten am Täufling handelt, Er gleichsam das Samenkorn des christlichen Glaubens sakramental in die Seele des Täuflings pflanzt, spricht in der Regel spricht nichts dagegen. Sicherlich wird der Priester aber im Taufgespräch auf das Hineinwachsen des Kindes in den christlichen Glauben und die Orthodoxe Kirche zu sprechen kommen.

 

Kann ich mein Kind gegen den Willen des anderen Elternteils taufen lassen?

 

Gegen den Willen entweder des Vaters oder der Mutter ist die Taufe des Kindes nur möglich, wenn dieser Elternteil nicht das Sorgerecht inne hat. Ist die Ehe zum Beispiel geschieden und liegt das Sorgerecht gemeinsam bei Vater und Mutter, setzt die Ausgestaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge Einvernehmen voraus in Angelegenheiten, die für das Kind von erheblicher Bedeutung sind. Dazu gehört auch die Taufe. Wenn die Gemeinschaft der Ehe zerbricht, so leiden darunter immer in erster Linie die Kinder. Streit sollte deshalb im Interesse des Kindes tunlichst vermieden werden, da das Kind dann zum Opfer im Streit - und das bedeutet meist dann auch Rechtsstreit - der Eltern vor Familiengerichten wird. Oft hilft hier deshalb ein klärendes Gespräch mit dem Priester.

 

Was bedeutet die Taufe?

 

Die heilige Taufe ist in erster Linie die Zusage der Liebe und des Segens Gottes. Mit dem Mysterion (Sakrament) der Taufe wird der Täufling, in die Gemeinschaft der Christen aufgenommen und durch Jesus Christus mit Gott vereint. Dadurch wird es zu einem Gläubigen der Orthodoxen Kirche.

 

Muss ich mich erneut taufen lassen wenn ich Orthodox werde?

 

Die Taufe ist im Verständnis aller christlichen Kirchen etwas Einmaliges und kann daher nicht wiederholt werden. Bei einem Übertritt getaufter Christen aus einer Kirche, in deren Gottesdienst und wo beim Vollzug der Taufe die allheilige Dreinheit angerufen wird, wird nicht noch einmal getauft. Beim Eintritt in die Gemeinschaft der Orthodoxen Kirche wird jedoch - auch bei Katholiken - die heilige Myronsalbung gespendet. Grundsätzlich gilt dass der Bischof in seiner Diözese die Regeln für die Aufnahme Noch-Nicht-Orthodoxer in die Gemeinschaft der Orthodoxen Kirche festlegt. Sein beauftragter Vertreter in der Gemeinde ist der Priester. Sprechen Sie bitte mit Ihm. 

 

Der Übertritt zur Orthodoxen Kirche und auch die Taufe Erwachsener setzt seit apostolischer Zeit eine Zeit der Selbstprüfung und des Hineinwachsen in den christlichen Glauben voraus. Auch muss sich der Katechumene (=Taufbewerber) mit dem Gebetsleben, der Frömmigkeit und dem Gottesdienst der Orthodoxen Kirche vertraut machen. Am Anfang steht immer ein Gespräch mit dem Priester der Orthodoxen Gemeinde, der Sie sich anschließen möchten. Orthodox sein ist eine Lebenshaltung, die das gesamte Leben des Menschen umfasst. Orthodox werden bedeutet jedoch nicht, die eigenen menschlichen Wurzeln, seine nationale Identität und Mentalität, seine Familie, Ehepartner und Freunde verleugnen zu müssen oder zu wollen. Orthodox werden bedeutet immer ein Hineinwachsen in die Fülle des christlichen Glaubens, in der das Gute und Schöne, das mir Gott bisher in meinem Leben geschenkt hat, auch weiterhin seinen Platz haben soll. Wer sich am Lebensbeispiel der orthodoxen Heiligen orientiert, wird bald erkennen, dass es in einem orthodox geprägten Leben um die Liebe zu Gott und zu seinen Mitmenschen geht und um das Bemühen, meine eigenen Schwächen und Sünden zu erkennen und diese durch ein, von Gott her geprägtes Leben und deshalb mit Seiner Hilfe zu überwinden.

 

 

Wer sorgt für den Schmuck der Kirche?

 

Oft sind die Kirchen mit Blumen geschmückt. Wenn Sie besonderen Schmuck wünschen, sprechen Sie mit dem Priester der Kirche. In der Regel freut sich die orthodoxe Gemeinde über die durch ihren mitgebrachten Blumenschmuck ausgedrückte Liebe und Verehrung Gottes. Jedoch ist die Kirche kein privater Raum. Deshalb ist es angebracht, vorher über das, was in der Gemeinde als angemessen gilt, zu sprechen.

 

Dürfen wir während des Gottesdienstes fotografieren oder filmen?

 

Der Gottesdienst, also auch eine Taufe, ist ein Dienst und Lobopfer vor Gott. Dieses setzt die Diskretion voraus, die anderen im Gebet und der Gottesbegegnung nicht zu stören und die Würde des sakramentalen Vollzug zu beachten. Deshalb wird in den einzelnen Gemeinden die Möglichkeit, das festliche Ereignis medial zu dokumentieren, unterschiedlich gehandhabt. Deshalb ist es sinnvoll, dass eine Person das Filmen oder Fotografieren übernimmt, um unnötige Unruhe zu vermeiden. Was dabei während des Gottesdienstes erlaubt ist, sollte vorher mit dem Priester abgesprochen werden.

 

Wie soll der Täufling während und nach der Taufe gekleidet sein?

 

So bequem wie möglich vor der Taufe und so festlich wie möglich nach der Taufe. Erwünscht wäre weiße oder zumindest hellfarbige Kleidung.

 

Was "kostet" die Taufe?

 

Die Taufe wie alle übrigen Gottesdienste, Gebete und die anderen Sakramente kosten uns zunächst einmal unseren niemals genügend abgestatteten Dank gegenüber GOTT für Sein ERLÖSENDES RETTUNGSHANDELN in unserem HERRN UND ERLÖSER UND GOTT JESUS CHRISTUS.

 

Darüber hinaus kosten das Gebet und der Vollzug der Sakramente und Gottesdienste durch den orthodoxen Priester nichts. Jedoch bitten wir zu bedenken, dass - da die orthodoxen Kirchen keine Kirchensteuer einziehen - sich der Unterhalt der Kirchengebäude, Ihr Schmuck, Ihre Ausstattung mit den Heiligen Ikonen etc. der Großzügigkeit und den Spenden der orthodoxen Gläubigen und oft auch der großzügigen Gastfreundschaft unserer katholischen und evangelischen Brüdern und Schwestern verdankt. Die Priester in unserer Diözesen versehen  so gut wie alle ihren priesterlichen Dienst neben einem sie und ihre Familien erhaltenden "Brotberuf". Insofern sind eine Spende der Eltern des Täuflings, die sich an ihrer realen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit orientiert erwünscht. Für Ihre Spende erhalten Sie natürlich ein steuerlich absetzbare Spendenbescheinigung. Bitte bedenken Sie gegebenenfalls die sich ergebenden Fahrtkosten für den anreisenden Priester.

 

Wer kann in der Orthodoxen Kirche Pate oder Patin werden?

 

Alle orthodox getauften Christen.

 

Was tut den Taufpate während des Taufgottesdienstes?

 

Während der Absagen an den Herrschaftsbereich des Teufels wird der Pate im Namen des Täuflings diesem dreimal abschwören und als Zeichen dafür ausspucken. In Laufe der eigentlichen Taufe wird der Pate für den Täufling, soweit er es noch nicht selbst kann, das Bekenntnis des Orthodoxen Glaubens (Το Πιστεύω/ верою молитва) sprechen. In manchen Gemeinden wird er auch gebeten die Lesung des Apostels im Taufgottesdienst und eventuell auch in der Feier der Göttlichen Liturgie, in der der Täufling dann erstmals kommunizieren wird, zu übernehmen.

 

Gibt es eine ökumenische Taufe?

 

Nein. Da die Taufe zugleich die Aufnahme in die konkrete Kirchengemeinschaft der Heiligen Orthodoxen Kirche ist.

 

Wir sind nicht kirchlich verheiratet. Können wir unser Kind trotzdem taufen lassen?

 

Ja, das ist möglich.

 

Wir möchten unser Kind taufen lassen. Können wir gleichzeitig kirchlich heiraten?

 

Das können Sie. Sprechen Sie mit dem Priester.

 

Was ist eigentlich ein Mysterion (Sakrament)?

 

Die Orthodoxe Kirche versteht sich grundsätzlich von der Feier und dem Vollzug der Sakramente her. Durch die Sakramente bekommen wir Anteil an der Gnade Gottes und Mensch und Gott werden durch die rettende Liebe Gottes vereint. So beziehen sich alle Sakramente auf den Eingang des Menschen in das Reich Gottes. Der Mensch erfährt die Liebe Gottes, Sein Erbarmen und Seine Vergebung. Gott lässt durch den würdigen, das heißt demütigen Empfang Seiner Sakramente den Menschen gnadenhaften Anteil am Göttlichen Leben empfangen. Alle Sakramente wurden von unserem Herrn Jesus Selbst oder von den heiligen Aposteln eingesetzt. In einer menschlichen Handlung (dem Gebet und den liturgischen Gesten) wird die Göttliche Dimension in unserem Leben sichtbar gemacht. So wird zum Beispiel in der heiligen Taufe natürliches Wasser durch die Verheißung Gottes während der Taufhandlung zum erlösenden Segen Gottes.

 

Was ist, wenn das Baby in der Kirche schreit?

 

Das ist überhaupt kein Problem. Orthodoxe Priester können damit gut umgehen, da Sie in der Regel selbst Väter sind. Der Priester wartet einfach geduldig, bis sich das Kind wieder beruhigt hat. Denn es ist schließlich sein Fest, und es soll sich dabei wohl fühlen. Am besten sorgen Sie selbst mit dafür, dass Sie den Weg zur Kirche rechtzeitig antreten und dort nicht abgehetzt ankommen. Jede Form der Unruhe überträgt sich immer auch auf Ihr Baby. Vor allem sollten Sie es vorher noch mal füttern und wickeln und nicht vergessen, ein Getränk, den Schnuller und das Kuscheltier mit einzustecken.

 

Muss mein Kind einen Namenspatron haben?

 

Gemäß der russischen Tradition begleitet ein Heiliger der Kirche mit seinem fürbittenden Schutz und Segen das Leben eines jeden orthodoxen Christen. So hat der Namenstag hat im Jahreskreis eine ganz besondere Bedeutung. In der Taufe hat GOTT Ihr Kind bei seinem Namen gerufen und sich ihm persönlich zugewandt. Vielleicht hängen Sie auch eine Ikone des Namenspatron im Kinderzimmer auf. Nach russischer Tradition gehört diese Ikone, wie das Taufkreuz und die Taufkerze zu den Geschenken, die der Pate dem Täufling macht.

 

Welches Taufkreuz kann ich auswählen?

 

Sie können jedes christliche Kreuz wählen, das heißt es muss nicht umbedingt ein russisches Kreuz sein. Jedoch sollte es in den Ausmaßen zum Kind passen, da es als orthodoxer Christ sein Taufkreuz andauernd tragen wird.

 

 

Um was muss ich mich vor einer Taufe kümmern?

 

 

1.: die Auswahl des orthodoxen Paten / der orthodoxen Patin

2.: Geburtsurkunde

 

3. Die zur Taufe notwendigen Dinge:

 

1 Badetuch für den Täufling •

2 weiße Handtücher für Priester und Taufpaten •

1 kleine Flasche Öl (möglichst Olivenöl) •

1 Stück Seife •

1 Taufkerze für den Täufling •

neue Kleider für den Täufling (möglicherweise weiß)

 

 

DER GOTTESDIENSTLICHE VOLLZUG DES MYSTERIONS DER HEILIGEN TAUFE

 

Das rechte Verständnis seiner Taufe ist für den Christen und sein geistliches Leben so wichtig wie die Quelle für den Fluss. Die Kirche hat daher für das Geschehen in der Taufe eine liturgische Form geschaffen, die dem Gläubigen zeigt, was GOTT in dieser Handlung an ihm vollzieht. Das liturgisch- sakramentale „Tun“ und „was dadurch an uns und in uns passiert“ sind miteinander zu einer unauflöslichen Einheit verbunden.

Auf dem Taufbecken werden drei Kerzen befestigt und angezündet, der Priester kommt in weißem liturgischen Gewand zu den Täuflingen und spricht die Gebete der Namensgebung. Im ersten Gebet wird der Name, der dem Kind gegeben wird, zum ersten Mal genannt. In diesem Gebet bittet der Priester, dass das Licht des Antlitzes des Herrn sich auf dem Kind zeigen möge. Danach segnet der Priester das Kind und bittet den Herrn, dass der Täufling das Kreuz, mit dem er “bezeichnet” wird, in seinem Herzen und in seinen Gedanken tragen, das irdische Treiben lassen und die Gebote des Herrn befolgen möge.

Die erste Handlung der heiligen Taufe ist die Handauflegung als Zeichen des Schutzes und des Segens. Die Hand des Priesters versinnbildlicht hier die Hand des HERRN SELBST, der von nun an den zu Ihm gekommenen Menschen unter Seinen besonderen Schutz und Schirm nimmt.

Im Ritus der Aufnahme der Taufbewerber (Katechumenen) gibt es drei Gebete. In diesen Gebeten ruft die Heilige Kirche als der Leib Christi auf Erden in der Person des Priesters durch die Anrufung des erhabenen und gewaltigen Namen Gottes dem Satan und seinen unreinen Geistern zu, dass der Täufling nun in den Wirkungsbereich des Heilshandelns Gottes eintritt. Des Weitern weisen diese Gebete Satan und seine Dämonen in ihre Schranken, indem sie ihnen ihre Ränke gegen den Täufling verbieten und sie fortjagen. Gerade unter den Denkhorizont unserer materialistisch dominierten Gesellschaft wird hier das sakramental- therapeutische Handeln unserer Orthodoxen Kirche kaum noch verstanden, zudem es für viele Menschen unserer Zeit ausgemacht zu sein scheint, dass es den Teufel und seine Dämonen nicht geben würde und das das Böse in der Welt allenfalls psychologischer Natur sei. Doch wer die Realität des personenhaft Bösen leugnet, spielt seinem alles vernichten wollenden Wirken nur in die Hände. Deshalb hält die Orthodoxe Kirche an diesen Exorzismen genannten Gebeten unbeirrt fest und nachdem der unreine Geist verjagt und durch den Namen Gottes beschworen ist, kommt die Zeit, wo sich der Mensch aus freiem Willen von den Wirkmächten des Bösen losssagt und sich freiwillig dem Heil Gottes zuwendet. Deshalb wendet der Priester die Taufpaten und das Taufkind mit dem Gesicht nach Westen, das heißt, symbolisch gegen den Ort der Finsternis, in der die bösen Geister wohnen, damit sie ihnen direkt, aber schon unter dem Schutz der Kirche entgegentreten. Hierin offenbar sich der Weg des Gläubigen Werdenden: Aus der Finsternis einer gefallenen Welt wendet er sich schrittweise dem Lichte des Glaubens, das ist Christus selbst zu.

Deshalb ist es auch besonders hilfreich, wenn die Taufpaten beziehungsweise die erwachsenen Täuflinge die nun folgenden Fragen kennen, damit sie sie bewusst (= aus vollem Glauben) beantworten können.

  • Der Priester:
    • – Widersagst du dem Satan und allen seinen Werken und all seinem Dienste und all seinem Gepränge?
  • Der Täufling oder der Taufpate (an Stelle des Kindes):
    • – Ich widersage.

Diese Frage und diese Antwort werden dreimal wiederholt.

  • Darauf spricht der Priester:
    • – So blase und spucke ihn an!

 

Das Spucken ist ein Zeichen der äußersten Abwendung. Der Teufel ist durch die Kraft Gottes besiegt und der Christ braucht sich vor ihm nicht mehr zu fürchten. Als ein sichtbares Zeichen, dass er die Macht des Teufels nicht mehr fürchtet, das er durch seinen Glauben bereits zu Christus gehört, bläst und spuckt ihn der Täufling oder der Taufpate an.

  • Danach ruft ihn der Priester auf, sich mit dem Gesicht nach Osten, zum HERRN HIN, zu wenden, und stellt die Frage:
    • – Schließt du dich Christus an?
  • Täufling oder der Taufpate:
    • – Ich schließe mich an.

Diese Frage und diese Antwort werden ebenfalls dreimal wiederholt. Nach dem Bekenntnis der Treue zu Christus spricht der Täufling oder der Taufpate das Glaubensbekenntnis: 

Ich glaube an den einen Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde, aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge. Und an den einen Herrn, Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn, den aus dem Vater Geborenen vor aller Zeit. Licht vom Lichte, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater; durch ihn ist alles geschaffen. Für uns Menschen und um unseres Heiles Willen ist er vom Himmel herabgestiegen, er hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist aus Maria, der Jungfrau, und ist Mensch geworden. Gekreuzigt wurde er für uns unter Pontius Pilatus und hat den Tod erlitten und ist begraben worden und ist auferstanden am dritten Tage gemäß der Schrift. Er ist aufgefahren in den Himmel und sitzt zur Rechten des Vaters. Er wird wiederkommen in Herrlichkeit, Gericht zu halten über Lebende und Tote, und seines Reiches wird kein Ende sein. Ich glaube an den Heiligen Geist, den Herrn und Lebensspender, der vom Vater ausgeht. Er wird mit dem Vater und dem Sohne angebetet und verherrlicht. Er hat gesprochen durch die Propheten. Ich glaube an die Eine, Heilige, Katholische und Apostolische Kirche. Ich bekenne die eine Taufe zur Vergebung der Sünden. Ich erwarte die Auferstehung der Toten und das Leben der zukünftigen Welt. Amen.

Dem Täufling und den Paten werden nun als Zeichen ihres gerade bekannten Glaubens brennende Kerzen gegeben, und der Priester singt den Ausruf, mit dem auch die Göttliche Liturgie beginnt: “Gepriesen sei das Reich des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, jetzt und immerdar und in alle Ewigkeit.”

In der nun folgenden Ektenie bittet der Priester darum, dass das Wasser im Taufbecken durch die Kraft, das Wirken und die Herabkunft des Heiligen Geistes geheiligt werde, dass auf dieses Wasser durch Gott die Gnade der Erlösung und der Segen des Jordans herabgesandt werden, d. h. jenes Flusses, in dem der Herr getauft wurde. Der Priester betet, dass auf das Wasser die reinigende Kraft der Heiligen Dreieinhkeit kommen und dass es alle Nachstellungen der sichtbaren und unsichtbaren Feinde abhalten möge. Der Priester betet auch für den Täufling, dass er gewürdigt werde, teilzuhaben am Tod und an der Auferstehung CHRISTI, des HERRN, und dass er die Gnade der Taufe bewahren möge bis zum furchtbaren Gericht Gottes.

Danach segnet der Priester dreimal das Wasser und bläst in Kreuzesform darauf und spricht dabei: “Es mögen durch das Zeichen des Kreuzes zerschmettert werden alle (gott-)feindlichen Mächte.” So wird das Wasser geweiht. Der Priester bewahrt in einem besonderen Gefäß Öl für die Taufe auf. Der Priester taucht einen Pinsel in das Öl und salbt das Wasser kreuzförmig. Danach wendet er sich an den Täufling selbst. Er spricht: “Gesalbt wird der Diener (die Dienerin) Gottes (hier wird der Name genannt) mit dem Öl der Freude, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.” Dabei werden Stirn, Brust, Ohren, Hände und Füße gesalbt. Die Taufe wird in der Orthodoxen Kirche durch dreimaliges Untertauchen im geheiligten Wasser gespendet.

Sofort nach der Salbung mit Katechumenenöl nimmt man dem Täufling das Gewand ab, der Taufpate führt ihn zum Taufbecken, und der Priester taucht ihn unter mit den Worten:“Getauft wird der Diener (die Dienerin) Gottes (der Name wird genannt) im Namen des Vaters (Untertauchen)Amen, und des Sohnes(Untertauchen), Amen, und des Heiligen Geistes (Untertauchen), Amen.”  

Das „Mit-Christus-Sterben“ in der heiligen Taufe (vgl.: Römer 6,3-34) wird durch das Hinabsinken des Täuflings in und unter die Wasser der Taufe sakramental vollzogen. Der Eintritt in das Neue Leben mit und in der Kraft des Auferstandenen HERRN wird in der heiligen Taufe dargestellt mit dem aus dem Taufbecken Richtung Osten wieder aufzurichtenden Täuflings Die Symbolik der Handlung drückt aus, was sich an uns durch das Sakrament der heiligen Taufe vollzieht: Wir steigen mit Christus in den Tod und bekommen in der Taufe gleichzeitig Anteil an der Kraft Seiner Auferstehung. In der Taufe wird so auch der Keim für unsere eigene leibliche Auferstehung in uns hinein gelegt. Durch die heilige Taufe können wir das Geheimnis von Pas´cha erst verfassen.

Der Taufpate übernimmt den Täufling vom Priester aus dem Taufbecken. Der Getaufte empfängt nun das Taufkreuz und das weiße Taufkleid, die zu diesem Zeitpunkt bereit zu halten sind. Dabei wird das Troparion gesungen: “Reiche mir das Lichtgewand, der Du Dich umkleidest mit Licht wie mit einem Gewand, erbarmungsvoller Christus, unser Gott!”

Die hellen Kleider oder das weiße Kleid symbolisiert das neue Gewand der Seele, das von Gott im Sakrament der Heiligen Taufe empfangen wurde. Vor dem Beginn der Taufe wurde das alte Gewand wie auch die Sündenlast abgelegt, zu der man nun nicht mehr zurückkehren soll. Aus dem Bade der Wiedergeburt stieg ein neuer Mensch – er braucht jetzt ein neues helles und reines Gewand.

 

Zusammengestellt von Thomas Zmija v. Gojan unter Verwendung des Orthodoxen Glaubensbuches.

 

 

Das heilige Mysterion der Myronsalbung

 

Thomas Zmija v. Gojan

 

Die heilige Myronsalbung  ist ein heiliges Sakrament, bei dem einer getauften Person durch eine Salbung mit Öl unter Gebet die Gabe des Heiligen Geistes gewährt wird. So wie die Taufe die persönliche Teilhabe an Tod und Auferstehung Christi bedeutet, so ist die Myronsalbung die persönliche Teilhabe an der Niederkunft des Heiligen Geistes zu Pfingsten.

 

Theologie und Praxis

 

Anders als in den westlichen Kirchen, wo die Firmung denen vorbehalten ist, die eine bestimmte “geistige Reife” erreicht haben, wird die Myronsalbung in der Orthodoxen Kirche normalerweise unmittelbar im Anschluss an die Taufe vollzogen und unmittelbar (oder jedenfalls nur kurz) vor der ersten Teilnahme an der Heiligen Kommunion.

 

Bei der Myronsalbung wird der neue Christ mit Chrisam, einem Heiligen Öl (griech. μύρον), gesalbt. Es handelt sich dabei um eine Mischung aus 40 süß duftenden Substanzen und reinem Olivenöl. Dem Christen werden mit diesem Öl und im Zeichen des Kreuzes die Stirn, die Augen, die Nasenlöcher, der Mund, die Ohren, die Brust, die Hände und die Füße gesalbt. Dabei spricht der Priester, der das Sakrament spendet, jedes Mal die Worte: “Siegel der Gabe des Heiligen Geistes”. Durch das heilige Myron wird den Neugetauften die Gabe des Heiligen Geistes gegeben. Diese hilft ihm, im geistlichen Leben zu wachsen und stark zu werden.

 

Die heilige Myronsalbung wird sofort nach dem Untertauchen in das Taufbecken und der Übergabe des Taufkreuzes sowie des Taufkleides vollzogen. Der Priester liest ein Gebet, in dem er dem Herrn für die Reinigung und Heiligung des neuen Mitglieds der Kirche dankt, für seine Geburt aus dem Wasser und dem Geist, und in dem er um das Siegel des Heiligen Geistes durch die heilige Myronsalbung bittet. Dieses Siegel des Heiligen Geistes bewahrt und beschützt uns in der uns in der heiligen Taufe verliehenen Gnadengaben.

 

Das Sakrament der heiligen Myronsalbung ist eine Erweiterung des Pfingsttages, an dem der Heilige Geist sich auf die heiligen Apostel ergoss. Durch die Myronsalbung wird eine Person zum christlichen Laien, also zu Mitglied des laós (λαός)‚ dem Volk Gottes, der Gemeinde Jesu Christi. S.E. Bischof Kallistos (Ware) von Diokleia führt dazu aus: “Durch die Myronsalbung wird jedes Kirchenmitglied zum Propheten und nimmt Teil an der königlichen Priesterschaft Christi; so sagt man, dass alle Christen gleichsam, weil sie gesalbt sind, bewusste Zeugen der Wahrheit sind. ‚Und ihr habt die Salbung von dem Heiligen und wisset alles.‘ (2 Johannes 2:20)"

 

Obwohl die heilige Myronsalbung normalerweise zusammen mit der heiligen Taufe vollzogen wird, kann sie auch alleine dazu dienen, um Konvertiten nach den Regeln der Oikonomia in die Orthodoxe Kirche aufzunehmen. Allerdings variiert die diesbezügliche Praxis. Die jeweilige Anwendung der Oikonomia geschieht im Ermessen und den entsprechenden Richtlinien des zuständigen  Bischofs.

 

Apostolischer Ursprung

 

Obwohl gewisse nicht-orthodoxe Glaubensgemeinschaften den Vorwurf erheben, dass alle Sakramente außer der Taufe und der Eucharistie sicht nicht aus den biblischen Schriften herleiten und deshalb reine menschliche Überlieferung seien, ist nicht richtig. denn das Sakrament der heiligen Myronsalbung wird bereits im Neuen Testament erwähnt.

 

Die Apostelgeschichte zeigt uns, dass es schon in der frühesten Kirche eine einfache Form dieses Sakramentes gab. Als die christliche Gemeinde sich zahlenmäßig und geographisch immer weiter ausbreitete - sowohl innerhalb als auch außerhalb der jüdischen Welt - waren die heiligen Apostel bald nicht mehr die Einzigen, die das Evangelium predigten und die Menschen tauften.

 

Über die Missionstätigkeit des heiligen Apostel Paulus und seine dabei angewandte Taufpraxis erfahren wir aus Apostelgeschichte 19:1-12. Dort lesen wir, dass einige, die die “Taufe des Johannes (des Täufers)” erhalten hatten, begierig waren, auf den Namen Jesu getauft zu werden: “Als sie es aber gehört hatten, wurden sie auf den Namen des Herrn Jesus getauft; und als Paulus ihnen die Hände aufgelegt hatte, kam der Heilige Geist auf sie, und sie redeten in Sprachen und weissagten.“(Apostelgeschichte 19,5-6) Ein anderes Zeugnis für das Sakrament aus den frühen Tagen der Kirche lesen wir in Kapitel 8: „Als aber die Apostel, welche in Jerusalem waren, gehört hatten, dass Samaria das Wort Gottes angenommen habe, sandten sie Petrus und Johannes zu ihnen; welche, als sie hinab gekommen waren, für die beteten, damit sie den Heiligen Geist empfangen möchten; denn er war noch nicht auf einen von ihnen gefallen, sondern sie waren allein getauft auf den Namen des Herrn Jesus. Dann legten sie ihnen die Hände auf, und sie empfingen den Heiligen Geist.“(Apostelgeschichte 8:14-18)

 

Die weitere Entwicklung des Sakramentes läßt sich wie folgt umschreiben: Später, als das die christliche Kirche zu wachsen begann, und sie sich vor allem regional strark verbreitet, war es den heiligen Aposteln nicht mehr möglich, überall selbst im heiligen Sakrament die Hände aufzulegen, so dass sie die Aufgabe, die Getauften mit Myrrhe (Myron-Öl) zu salben, an ihre Nachfolger die Bischöfe und diese an ihre Vertreter in den örtlichen Gemeinden die Priester übertrugen.

 

Der heutige Vollzug des Mysterions der heiligen Myronsalbung

 

Nachdem der Priester den Pinsel in das Gefäß mit dem heiligen Myron eingetaucht hat, salbt er Stirn, Augen, Nase, Lippen, Ohren, Brust, Hände und die Füße in Kreuzesform und spricht dabei jedes Mal: “Siegel der Gabe des Heiligen Geistes. Amen.” Das Wort “Amen” sprechen auch die Taufpaten und die Täuflinge mit dem Priester mit. Danach gehen die Täuflinge und Taufpaten hinter dem Priester dreimal um das Taufbecken, wobei der folgende Vers dreimal gesungen wird: “Alle, die ihr in Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Alleluja”. Während der Prozession um das Taufbecken tragen alle brennende Kerzen in der Hand.

 

Sofort nach der Prozession werden die Epistel und das Evangelium gelesen. In frühchristlicher Zeit trug der Neugetaufte das helle Gewand, das ihm nach der Taufe angezogen wurde, eine ganze Woche. Auch das heilige Myron blieb eine ganze Woche auf seinem Körper, an den Stellen, an denen er damit gesalbt worden war. In dieser Zeit hörte er die Erklärungen über das Sakrament der heiligen Eucharistie und bereitete sich auf den Empfang der Heiligen Gaben Christi vor. Nach Ablauf einer Woche kam er zum Bischof, und das Myron wurde abgewaschen.

 

Heutzutage geschieht dies alles, was sich früher über eine Woche verteilte, an einem Tag. Nach der Lesung der Epistel und des Evangeliums und einiger Gebete nimmt der Priester einen speziellen Schwamm, taucht ihn in das Taufbecken und wäscht damit die Stellen auf dem Körper des Täuflings, die mit dem heiligen Myron gesalbt worden sind. Die Besiegelung durch der Gabe des Heiligen Geistes, die sichtbar durch die Salbung mit dem heiligen Myron vollzogen worden ist, bleibt aber im Herzen des neuen Christen. Auch sein Leib ist fortan Tempel des Heiligen Geistes, berufen  am Streben nach Vergöttlichung des gesamten Menschen mitzuwirken.

 

Während der Waschung spricht der Priester zum Täufling: “Du bist gerechtfertigt, bist erleuchtet, bist geheiligt, bist abgewaschen durch den Namen unseres Herrn Jesus Christus und durch den Geist unseres Gottes... Du bist getauft, bist erleuchtet, bist gesalbt, bist geheiligt, bist gewaschen im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.” Das Schneiden der Haare, das nun folgt, ist seit alter Zeit ein Symbol für den Gehorsam und ist gleichzeitig ein Opfer. 

 

In einem vorangehenden Gebet preist der Priester Gott dafür, dass Er den Menschen nach Seinem Ebenbild geschaffen hat und mit einem wohlgestalteten Körper und einer Seele ausgestattet hat. Jeder seiner Teile ist voll von Schönheit und Sinn. Obenan aber hat Gott das Haupt gesetzt und darin eine Vielzahl von Gefühlen, die einander nicht hinderlich sind.

 

Der Priester schneidet dann einige Haarsträhnen vom Kopf des Neugetauften als ein Opfer und Sinnbild der Weihe an Gott. Dies macht er mit einer besonderen Schere an vier Stellen in Form eines Kreuzes: auf dem Hinterkopf, an der Stirn und der rechten und linken Seite des Kopfes. Dabei spricht er die Worte: “Geschoren wird der Diener (die Dienerin) Gottes (hier wird der Name genannt) im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

 

Währenddessen bereitet der Taufpate oder der Altardiener Wachs für die abgeschnittenen Haare vor. Das Wachs wird dann später zusammen mit den Haaren zu einer Kugel geformt und verbrannt Dies tut der Priester selbst oder bisweilen auch einer der Altardiener.

 

Damit endet die Feier des Sakramentes der heiligen Myronsalbung.

 

 

Werde, was du bist - Über das Mysterion der Heiligen Myronsalbung
 
von Bischof Kallistos Ware
 
Jeder Getaufte ist ein Geistträger. „Kennt ihr, versteht ihr euren eigenen Adel nicht?“ fragt Makarius in einer seiner Homilien. „Jeder von euch wurde mit dem himmlischen Myronöl gesalbt und wurde durch Gnade zum Christen; jeder ist König und Verkünder der himmlischen Geheimnisse.“
 
Was den ersten Christen am Pfingsttag geschah, geschieht jedem von uns, wenn wir gemäß orthodoxem Brauch unmittelbar nach der Taufe mit dem Myron gesalbt werden. (russisch: Таинство Миропомазания, griechisch:  Το ιερό Μυστήριο του Χρίσματος, lateinisch: chrisma) Der Neugetaufte, Kind oder Erwachsener, wird vom Priester an Stirn, Augen, Nasenflügeln, Mund, Ohren, Brust, Händen und Füßen gesalbt mit den Worten: „Siegel der Gaben des Heiligen Geistes“. Das ist für jeden ein persönliches Pfingsten: Der Geist, der sichtbar in feurigen Zungen auf die Apostel herabkam, kommt bei der Salbung unsichtbar auf uns herab – jedoch nicht minder wirklich und machtvoll. Jeder Getaufte wird damit ein „Gesalbter“, ein „Christ“, wird Jesus, dem Messias, ähnlich. Jeder wird mit den Charismen des Trösters gesiegelt. Im Augenblick der Taufe und Salbung nimmt der Heilige Geist zusammen mit Christus Wohnung im Herzinnersten. Wohl sagen wir zum Geist: „Komm!“, doch ist er bereits in uns.

 

Wie achtlos und gleichgültig der Getaufte sein Leben lang auch sein mag, diese innere Gegenwart des Geistes wird ihm niemals ganz entzogen; doch leicht bleibt uns diese Gegenwart verborgen und unbewusst, wenn wir der Gnade Gottes nicht mitwirkend entgegenkommen, indem wir darum ringen, seine Gebote zu erfüllen. Als Pilger ist es dann unser Ziel, von dem Zustand, in dem der Geist in uns auf verborgene Weise gegenwärtig und wirksam ist, dahin zu gelangen, dass wir die Kraft des Geistes offenkundig, unmittelbar und bewusst in unserem Herzen wahrnehmen. „Ein Feuer auf die Erde zu werfen, bin ich gekommen; wie wünschte ich, dass es schon brennte!“ (Lukas 12: 49), hat Christus gesagt. Der pfingstliche Geistfunke, der seit der Taufe in jedem von uns brennt, muss zur lebendigen Flamme entfacht werden, damit wir werden, was wir sind: Geistträger.

 

Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit (Galater 5: 22). Die bewusste Wahrnehmung, dass der Geist in uns wirkt, sollte unser ganzes inneres Leben durchdringen. Nicht jeder muss notwendigerweise eine eindrucksvolle „Bekehrung“ erleben; noch weniger muss er „in Zungen reden“. Mit großer Zurückhaltung betrachten die meisten Orthodoxen heutzutage die Anhänger der „Pfingstbewegung“, die das Reden in „Zungen“ als entscheidenden und unerlässlichen Beweis dafür ansehen, dass jemand ein echter Geistträger ist. Die Gabe des Zungenredens war zur Zeit der Apostel häufig, doch seit der Mitte des 2. Jahrhunderts ging sie stark zurück, obwohl sie niemals ganz verschwunden ist. Paulus betont, dass sie keine der wesentlichen Gaben ist (1. Korinther 14: 5).

 

 

Wenn es auf wahrhaft geistige Weise geschieht, scheint das „Reden in Zungen“ ein Loslassen-Können zu sein. Entscheidend ist das Zusammenbrechen unseres sündigen Selbstvertrauens, das ersetzt wird durch die Bereitwilligkeit, Gott in uns wirken zu lassen. In der orthodoxen Überlieferung nimmt es häufiger die Form der „Gabe der Tränen“ an. „Tränen“, sagt Isaak der Syrer, „bezeichnen die Grenze zwischen dem fleischlichen und dem geistigen Zustand, zwischen dem Zustand des Beherrschtseins von Leidenschaften und dem Stand der Reinheit.“ Und an anderer Stelle schreibt er:

 

„Der Mensch beginnt erst dann innerlich Frucht zu tragen, wenn er Tränen vergießt. Wenn du den Bereich der Tränen erreichst, dann wisse, dass dein Geist das Gefängnis dieser Welt verlassen und seinen Fuß auf den Pfad gesetzt hat, der zu dem neuen Äon führt. Von da an beginnt dein Geist die wunderbare Luft zu atmen, die dort ist, und er vergießt Tränen. Jetzt ist der Augenblick gekommen, an dem das geistige Kind geboren werden soll. Die Geburtswehen werden immer stärker. Die Gnade, unser aller Mutter, beeilt sich auf geheimnisvolle Weise die Seele, Gottes Ebenbild, zu gebären, sie ans Licht des künftigen Äons zu bringen. Und wenn die Zeit für die Geburt gekommen ist, beginnt der Geist etwas von den Dingen jener anderen Welt zu spüren – gleich einem zarten Duft, dem Lebenshauch ähnlich, den ein neugeborenes Kind in seinen Leib erhält. Doch sind uns derartige Erfahrungen ungewohnt, und während wir es noch mühsam finden, sie zu durchleben, wird unser Leib plötzlich von einem Weinen überwältigt, das mit Freude gemischt ist.“

 

Heiliger Isaak der Syrer
Heiliger Isaak der Syrer

 

Es gibt jedoch viele Arten von Tränen, und nicht alle sind Gaben des Geistes. Außer geistlichen Tränen gibt es die Tränen des Zorns, der Enttäuschung, sentimentale und gefühlvolle Tränen und Tränen, die aus Selbstmitleid vergossen werden. Hier gilt es zu unterscheiden; darum ist die Hilfe eines erfahrenen geistlichen Führers so wichtig. Bei der Gabe des „Zungenredens“ ist die Unterscheidung sogar noch notwendiger. Oft spricht nicht der Geist Gottes aus den „Zungen“, sondern ein nur allzu menschlicher Geist der Autosuggestion oder der Massenhysterie; gelegentlich ist das „Reden in Zungen“ sogar eine Form von dämonischer Besessenheit. „Geliebte, traut nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind“ (1. Johannes 4: 1).

 

Darum betont die Orthodoxe Kirche zwar die Notwendigkeit unmittelbarer Erfahrung des Heiligen Geistes, doch besteht sie auch auf der Notwendigkeit, zu unterscheiden und nüchtern zu bleiben. Unsere Tränen wie unser sonstiges Teilhaben an den Gaben des Geistes bedürfen der Reinigung von aller Fantasie und jeder Er egung des Gefühls. Wahrhaft geistliche Gaben sollen wir nicht zurückweisen, doch dürfen wir sie niemals als ein Ziel an sich anstreben. In einem Leben des Gebets geht es nicht darum, Empfindungen zu haben, oder „spürbare“ Erfahrungen bestimmter Art zu machen, sondern allein darum, unseren Willen nach dem Willen Gottes auszurichten. „Es geht mir nicht um die Gaben von euch, sondern um euch“, schreibt Paulus an die Korinther (2. Korinther 12: 14); das gleiche sagen wir zu Gott: Wir suchen nicht die Gaben, sondern den Geber.

 

 

Die Heilige Eucharistie

 

 

Frage: Was ist die Heilige Eucharistie?

 

Das griechische Wort "Eucharistie" bedeutet: "Dankopfer" (von griechisch εὐχαριστέω (eucharistéo) = ich sage Dank). Im Sakrament der Heiligen Eucharistie (griechisch: Η Θεία Ευχαριστία, russisch: Таинство причащения, или евхаристия) genießt der Gläubige unter der Gestalt von Brot und Wein den Wahren Leib und das Wahre Blut Jesu Christi und vereinigt sich dadurch mit Ihm.

 

Frage: Wer hat die Heilige Eucharistie, also das Heilige Abendmahl oder Heilige Kommunion, eingesetzt?

 

Unser Herr Jesus Christus beim letzten Abendmahl mit Seinen Jüngern. Er nahm zuerst das Brot und sprach: "Nehmet, esset, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird zur Vergebung der Sünden", dann nahm Er den Kelch und sprach: "Trinket alle daraus, das ist mein Blut, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden". Er sagte ebenfalls: "Tut dies zu meinem Gedächtnis" (vgl.: 1.Korinther 11:24; Matthäus 26: 26-28; Markus 14: 22-26; Lukas 22,19-20.Anmerkung: Bei genauer Betrachtung der biblischen Textstellen fällt jedoch sofort auf, dass die Einsetzungsworte nur die biblische Begründung für die Wandlung bilden, das heißt, die Konsekration an dieser Stelle noch nicht erfolgt. Deshalb hält die orthodoxe Kirche, der apostolischen Tradition folgend, bis heute daran fest, dass die Wandlung während der Epiklese, jenem Gebet in der Göttlichen Liturgie, bei dem der Bischof oder der Priester den Heiligen Geist auf die vorgelegten Gaben herabruft, damit er durch Seine Kraft den Brot und den Wein in den Wahren Leib und das Kostbare Blut Christi wandelt).

 

 

Frage: Wer vollzieht das Sakrament der Eucharistie?

 

Die Heilige Eucharistie wird im Rahmen der Göttlichen Liturgie gefeiert. Sie kann nur entweder von einem Bischof oder von einem geweihten und von seinem Bischof mit der Feier der Göttlichen Liturgie in dieser Kirche beauftragten Priester vollzogen werden.

 

Frage: Was benötigt man zur Feier der Eucharistie?

 

Brot, Wein (und Wasser). Das Brot soll aus reinem Weizen und ohne Salz gebacken werden, der Wein soll Rotwein aus reinen Trauben, also kein Obstwein, sein. In den Wein gießt der zelebrierende Priester auch ein wenig Wasser, um an das Wasser zu erinnern, das aus der Seite Christi floss, als ein römischer Soldat ihm eine Lanze ins Herz stieß (vgl.: Johannes 19:16-30)

 

Frage: Was geschieht während der Feier der Eucharistie,

die wir Orthodoxen die Feier der Göttlichen Liturgie nennt?

 

Das auf dem Altar liegende Brot und der Wein im Kelch werden zum Wahren Leib und zumKostbaren Blut Christi gewandelt. Wir nennen das Brot, das zum Leib Christi geworden ist, und den Wein, der zum Blut Christi geworden ist, die Heiligen Gaben, weil sie die Heiligste Gaben Gottes sind, Christus Selbst.

 

 

Frage: Wie soll sich der Christ auf den Empfang der Heiligen Eucharistie,

also auf den Empfang der Heiligen Kommunion

(griechisch: ή Αγία Κοινωνία, russisch: Таинство Причащения) vorbereiten?

 

Man bereitet sich auf dem Empfang der Heiligen Eucharistie vor:

 

1. Durch Beten - im Gebetbuch stehen dafür eigens bestimmte Gebete.

 

Es sind dies der der Kanon zum Empfang der Heiligen Gaben, der in der Regel am Abend vor der Kommunion gelesen wird. Am Morgen vor der Heiligen Kommunion sprechen wir die Vorbereitungsgebete zum Empfang der Heiligen Kommunion. Nach der kirchlichen Tradition - hier werden die Regeln der russischen Tradition angeführt - werden im Laufe der vorangehenden Woche ebenfalls der Kanon zum Erlöser, der Kleine Trostkanon zur allheiligen Gottesgebärerin uns der Kanon zum Heiligen Schutzengel gebetet. Ebenfalls empfiehlt die kirchliche Tradition ein dreitägiges Fasten vor dem Empfang der Heiligen Kommunion. Diese Gebetsregel und auch das Fasten sind aber nicht selbstgefälliges knechtendes Ritual, sondern sollen uns in erster Linie dabei helfen, unsere Seele und unseren Leib würdig auf die leibhaftige Begegnung mit unserem Herrn Jesus Christus vorzubereiten. Nicht Gott braucht diese Vorbereitung, um uns in Liebe begegnen zu können, sondern wir brauch diese Vorbereitung, um uns der Liebe Gottes Öffnen und seine Gnade so empfangen zu können, dass sie Wohnung in unserem Herzen nehmen kann. Deshalb gilt, wie im gesamten geistlichen Leben: Wer Schwierigkeiten hat, die gesamte Regel zu erfüllen, spreche darüber mit seinem Beichtvater, um das für ihn realisierbare Maß zu finden.

 

2. Durch Fasten - man darf von Mitternacht an nichts zu sich nehmen.

 

Diese Regel betrifft nicht notwendige Medikamente. Auch gilt sie nicht für Säuglinge. Ab wann das eucharistische Fasten von den Kindern eingehalten werden soll, besprechen wir mit dem Beichtvater unserer Familie.

 

3. Durch Aussöhnung mit allen, denen man Unrecht getan hat.

Durch Verzeihen- wir dürfen keinen Hass und keine Rachegefühle in unserem Herzen tragen.

  

4. Außerdem muss man aufrichtig gebeichtet und die Lossprechung des Priesters empfangen haben.

 

Die heutige kirchliche Praxis russischer Prägung sieht zwingend ein dreitägiges Fasten und die Verlesung einer Gebetsordnung aus drei Kanones (meist im Laufe der vorangehenden Woche), des eigentlichen Kanons  vor dem Empfang der heiligen Kommunion und der morgendlichen Kommuniongebete, sowie eine obligatorischen Beichte am Abend vor oder am Tag der Kommunion selbst vor. Diese Vorbereitungspraxis, die heute nicht nur in der russischen Kirche zu einer quasikirchlichen Regel wurde, ist aktuelle Norm in den meisten orthodoxen Gemeinden in Russland, der Ukraine, Weißrussland, den baltischen Staaten, den mittelasiatischen Staaten der ehemaligen Sowjetunion, in Polen, Tschechien, der Slowakei und Ungarn, aber auch in weiten Teilen der serbischen, sowie in der gesamten rumänischen Kirche. Dabei müssen wir aber beachten, dass diese Praxis weder besonders alt ist noch den Status einer Konzilsentscheidung hat. Insofern ist sie nur Ausdruck einer bestimmten, heute herrschenden Frömmmigkeit und nicht Bestandteil des orthodoxen Glaubens an sich.

Vom kanonischen Standpunkt aus ist die Praxis der Vorbereitung auf den Empfang der Heiligen Kommunion durch folgende Kanones geregelt:

- Den 47. und 58. Kanon vom Konzil von Karthago.

- Den 29. Kanon der Trullanischen Synode.

- Den 9. Kanon des Heiligen Nikephoros des Bekenners, des Patriarchen von Konstantinopel.

- Den 5. Kanon des Timotheus I. des Patriarchen von Alexandria.

- Den 13. Kanon des Ersten Ökumenischen Konzils von Nizäa.

Laut der Entscheidungen des Konzils von Karthago und der Trullanischen Synode kann die Heilige Kommunion nur auf nüchternen Magen empfangen werden. Der 9. Kanon des Heiligen Hierarchen Nikephoros spricht aber deutlich über die Möglichkeit der Spendung der Heiligen Kommunion an einen Sterbenden auch nach dem Essen. Die Regel des Timotheus I. von Alexandrien schreibt die sexuelle Enthaltsamkeit vor dem Empfang der Heiligen Kommunion vor.

Als Fazit aus der Befragung des kanonischen Rechtes deshalb festgehalten werden:

Die heutige russische Praxis der Kommunionvorbereitung (auch die obligatorischen Beichte) ist nur aktueller kirchlicher Brauch. Kanonisch festgelegt ist, dass der orthodoxe Christ die Heilige Kommunion nur auf nüchternen Magen (nachdem er mindestens seit Mittenacht nichts gegessen hat) empfangen darf. Für orthodoxe Christen, die verheiratet sind, ist vor der Kommunion sexuelle Enthaltung obligatorisch. Der Umfang der Gebete, die Notwendigkeit der Einhaltung zusätzlicher Fastentage und die obligatorische Beichte vor der Kommunion sind dagegen nicht durch das orthodoxe kanonische Recht festgelegt.

Die bedeutet jedoch nicht, dass die Gebetsregel, die Fastentage und regelmäßige Beichte im Leben des orthodoxer Christen fehlen dürfen. Die heutige Praxis der Vorbereitung auf den Empfang der Heiligen Kommunion der russischen und rumänischen Kirche ist auch vollkommenen verständlich vor dem Hintergrund, dass die Heilige Kommunion in den vergangenen Jahrhunderten nur einmal oder höchstens vielmal im Jahr empfangen worden ist. Auch heute hat die Praxis ihren Sinn, wenn es um die Kommunionvorbereitung von Menschen geht, welche die meiste Zeit des Jahres kein kirchlich geprägtes Leben führt, die die von der Kirche festgelegten Fastenzeiten nicht einhält und keine kontinuierliche Erfahrung im Gebet haben. Hier kann der Betroffene geistlich nur davon profitieren, wenn er oder sie vor dem Empfang der Heiligen Kommunion sich erneut in ein intensiviertes geistliches Leben und vermehrtes Gebet einübt.

Einen anderen Weg als die meisten russischen Gemeinden, die die Einhaltung dieser Ordnung der Kommunionvorbereitung auch von den Laien, die ein vollwertiges kirchliches Leben führen, regelmäßig die Gottesdienste besuchen und alle von der Kirche festgelegten Fastenzeiten einhalten, hat sich in den meisten Gemeinden der griechischen Tradition herausgebildet. Die Praxis der Kommunionsvorbereitung prägen die die Gemeinden der Kirchen von Konstantinopel (hier auch das Exarchat für die Gemeinden der russischen Tradition), Alexandrien, Antiochien, Jerusalem, Griechenland und Zypern. In den Gemeinden dieser Kirchen ist es inzwischen üblich geworden, dass auch die Laien die Heilige Kommunion ohne vorherige obligatorische Beichte empfangen können. Die Gemeindemitglieder bemühen sich, die Heilige Kommunion jeden Sonntag zu empfangen. Dabei ist die Beichte nicht unwichtig oder gar abgeschafft worden. Vielmehr wird die heilige Beichte nur nicht (mehr) mit der Kommunionvorbereitung obligatorisch verbunden. So wird die Beichte von den Gläubigen dann auch nicht in erster Linie als Eingangstor zur Kommunion, sondern als seelsorgerliche, geistlich-therapeutische Begleitung in der Weiterentwicklung des persönlichen geistlichen Lebens verstanden. Bis auf die Priester des zur Kirche von Konstantinopel gehörenden Exarchates für die Gemeinden der russischen Tradition darf in diesen Kirchen nicht jeder Priester die Beichte abnehmen, sondern nur der Priester, der von seinem Bischof damit beauftragt wurde. Normalerweise wird diese Erlaubnis nur Geistlichen gegeben, die bereits über ausreichend pastorale Erfahrung verfügen. Die Priesterweihe bedeutet in der griechischen Tradition noch nicht, dass der neu geweihte Priester automatisch die Befugnis erhält, die heilige Beichte zu vollziehen.

Nach den Worten des Heiligen Nikolaos Kabasilas ist die Vorbereitung auf die Heilige Kommunion die Feier der Göttlichen Liturgie selbst: „Die Psalmen und die Lektüren der Schrift bereiten uns auf die Heiligung durch die Heiligen Sakramente vor.“ So folgen die beiden aus der russischen Tradition stammenden Kirchen der westlichen Diaspora, sowohl das Erzbistum der orthodoxen Gemeinden in Westeuropa (Exarchat des Ökumenischen Patriarchates) als auch die Orthodoxe Kirche in Amerika (OCA) einer eigenen, aber der Regelung in den griechisch geprägten Kirchen ähnlichen Richtung. Soweit als möglich empfängt jeder Gläubige die Heilige Kommunion bei jeder Feier der Göttlichen Liturgie. Der Kanon zur Vorbereitung auf den Empfang der Kommunion und die morgendlichen Gebete vor dem Empfang der Kommunion sind Teil der Regeln für das häusliche Gebet. Zusätzliches Fasten ist nicht erforderlich. Die Einhaltung der Fasten am Mittwoch und Freitag, sowie in den großen Fastenzeiten, reicht aus. Das heißt, an die gläubigen Laien werden grundsätzlich dieselben Forderungen gestellt, wie sie die Priester selbst erfüllen müssen. Darüber hinaus wird der regelmäßige Empfang der heiligen Beichte verlangt (in der Regel nach Empfehlung des jeweiligen Beichtvaters alle ein bis zwei Monate). Jedoch gibt es jederzeit die Beichtmöglichkeit auf persönlichen Wunsch des Gläubigen: Da die Gemeinden in der russischen Tradition beheimatet sind, kann in den meisten Kirchen vor der Göttlichen Liturgie, beziehungsweise im Anschluss an den Vespergottesdienst oder die Nachtwache gebeichtet werden. Während der Großen Fastenzeit ist der Empfang der Heiligen Beichte für alle Gläubigen obligatorisch.

 

In der russischen und rumänischen Kirche ist heutzutage eine Beichte vor jedem Empfang der Heiligen Kommunion obligatorisch. In anderen orthodoxen Kirchen wiederum ist eine Beichte in regelmäßigem Abstand Voraussetzung für dem Empfang der Heiligen Kommunion. Hier gibt es heutzutage unterschiedliche Frömmigkeitstraditionen. Generell sollten wir weder allzu leichtfertig zur Kommunion herantreten, noch denken, dass wir erst, wenn wir "absolut sicher" zu sein meinen, auch "wirklich würdig" zu sein, hinzutreten dürfen. Denn wann sind wir am Ende überhaupt je wirklich würdig? Und es ist der Kelch des Heiles, an dem wir teilnehmen und das Medikament der Unsterblichkeit, das wir in der Heiligen Kommunion empfangen. Deshalb sollten wir mit Demut und im Vertrauen auf Gottes Liebe herantreten und von Herzen sprechen:  "Gott, sei mir Sünder gnädig und erbarme Dich meiner." Durch echte Demut und das innige Vertrauen auf Gottes Liebe und Barmherzigkeit, die sich in einer ernsthaften Vorbereitung auf den Empfang der Heiligen Kommunion ausdrückt aber letztlich nicht erschöpft, ist der Mensch dann geläutert und kann ruhig zum Tisch des Herrn gehen.

 

 

Frage: Wie oft soll der orthodoxe Christ die Heilige Eucharistie empfangen?

Der Heilige Johannes Chrystomos empfiehlt uns, soweit wir vorbereitet sind, jeden Sonntag die Heilige Kommunion zu empfangen. Im Laufe der vergangenen Jahrhunderte, war jedoch aus Furcht vor der eigenen Unwürdigkeit aus der Übung gekommen, so dass die Erwachsenen viermal im Jahr (zu jeder Fastenzeit) zur Kommunion gingen. Wer es aus triftigen Gründen nicht konnte, tat dies zumindest  einmal im Jahr während der Großen Fastenzeit. Jedoch ist es übereinstimmender Rar der Heiligen Väter, so oft wie es uns möglich ist und wenn wir vorbereitet sind den Kelch des Heiles zu empfangen.

"Alle Gläubigen, die in die Kirche eintreten und die Schrift hören, aber nicht zum Gebet und zur Heiligen Kommunion bleiben, sollten, da sie in der Kirche Unwesen treiben, von der kirchlichen Gemeinschaft exkommuniziert werden" (9. Apostolische Regel). Nach der Erklärung des größten Auslegers der Kanones, Patriarch Theodor Balsamon, „ist die Bestimmung dieser Regel ziemlich streng. Denn sie exkommuniziert diejenigen, die in die Kirche kommen, doch nicht bis zum Ende bleiben und nicht kommunizieren". Auch die anderen Regeln (der 80. Canon des 6. Ökumenischen Konzils und der 11. Canon des Konzils von Serdica) bestimmen auf gleiche Weise, dass alle zur Kommunion bereit und würdig sein sollen, und diejenigen, die drei Sonntage nacheinander keine Kommunion empfangen, exkommuniziert werden.“

An dieser kurzen kirchenrechtlichen Zusammenschau wird deutlich, dass für jeden orthodoxen Christen, dessen Gewissen nicht von schweren Sünden belastet ist, der Empfang der Heiligen Kommunion bei jeder Heiligen Liturgieeine kanonische Norm der Kirche ist. Sich der Teilnahme an der Heiligen Kommunion zu verweigern, bedeutet zugleich, sich selbst aus der Gemeinschaft der Kirche (im griechischen wird für die Gemeinschaft der Kirche bezeichnender Weise das gleiche Wort "Κοινωνία" (Koinonia) wie für die Heilige Kommunion verwendet. auszuschließen. Sich der Teilnahme an der Heiligen Kommunion ohne schwerwiegenden Grund zu verweigern, ist damit nicht einfach nur Ausdruck einer nicht genuin orthodoxen Frömmigkeit, sondern zugleich Abfall von der Kirche.

 

Frage: Warum ist es ratsam, so oft wie möglich die Heilige Kommunion zu empfangen?

Weil die Heilige Eucharistie für die Seele das ist, was Speise und Trank für den Körper sind. Sie stärkt die Seele, kräftigt sie, hält sie gesund oder heilt sie, wenn sie schwach oder krank ist. Die ersten Christen empfingen die Heilige Kommunion bei jeder Feier der Göttlichen Liturgie. Leider ist dieser Brauch heute bei vielen Orthodoxen verloren gegangen, weil sich die meisten Menschen nicht jede Woche würdig zum Empfang der Heiligen Eucharistie vorbereiten wollen oder können.

Die Heilige Kommunion ist aber nicht eine Belohnung für unsere vermeintliche Tugend, sondern eine sakramentale und geistliche Hilfe, um besser der Sünde widerstehen und unsere Leidenschaften mehr und mehr überwinden zu können.Der häufige Empfang der Heiligen Kommunion erleuchtet unseren Geist und auch unseren Verstand. Auch der Körper als Haus unserer Seele wird durch den Empfang der heiligen Kommunion gestärkt und geheiligt. Deshalb sollten wir so oft wie es uns möglich ist die Heilige Eucharistie empfangen, damit unser Leben von der Gegenwart Christi mehr und mehr erfüllt werde und wir die Kraft gewinnen können, die wir für den Kampf gegen unsere Leidenschaften und gegen die Versuchung des Bösen brauchen.

Zusammengestellt von Thomas Zmija v. Gojan

 

Zum Geheimnis der Wandlung der eucharistischen Gaben durch den Heiligen Geist nach dem Heiligen Johannes von Damaskus

 

Priester Johannes Nothhaas

 

Nach orthodoxem Verständnis geschieht die Gegenwart Jesu Christi in den materiellen Gaben von Brot und Wein nicht ohne die Mitwirkung des Heiligen Geistes. So wie die Menschwerdung des Gottessohnes sich nicht ohne die Überschattung der Gottesgebärerin durch den Heiligen Geist vollzog, in gleicher Weise bewirkt Er auch die Wandlung der eucharistischen Gaben. In der Liturgie kommt dies Geschehen in der Herabrufung des Heiligen Geistes auf die Gaben, über die bereits die Einsetzungsworte gesprochen worden sind, zum Ausdruck: „Sende herab Deinen Heiligen Geist auf uns und diese Gaben hier“. Die westliche Christenheit hat mit dieser Tradition der Epiklese (wie man dieses Gebet auch bezeichnet) in der Anordnung nach den Einsetzungsworten gebrochen. Johannes Damaszenus bezeugt die alte Tradition des ersten Jahrtausends:

 

„Als Christus den freiwilligen Tod auf sich nehmen wollte, in der Nacht, in der Er sich überlieferte, schloss Er mit seinen heiligen Jüngern und Aposteln und allen, die durch sie an Ihn glauben, einen Neuen Bund. Im Obergemach des heiligen und herrlichen Zion aß Er mit Seinen Jüngern das alte Pascha-Mahl und erfüllte den Alten Bund. Er wusch den Jüngern die Füße und gab damit ein Sinnbild der heiligen Taufe. Dann brach Er das Brot und gab es ihnen mit den Worten: Nehmet und esset, das ist Mein Leib, der für euch gebrochen wird zur Vergebung der Sünden. Desgleichen nahm er auch den Kelch mit Wein und Wasser und reichte ihn ihnen mit den Worten: Trinket alle daraus, das ist Mein Blut, das Blut des Neuen Bundes, das für euch und für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden. Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt ( 1. Korinther 11:26 ). Wenn der Gott-Logos aus freiem Willen selbst Mensch wurde und das reine und unbefleckte Blut der heiligen Immerjungfrau ohne Zeugung sich zum Fleisch bildete, sollte Er da nicht das Brot zu Seinem Leib und den Wein und das Wasser zu seinem Blut machen können? Wie Gott alles, was Er geschaffen hat, durch die Wirkkraft des Heiligen Geistes geschaffen hat, so bewirkt auch jetzt die Kraft des Geistes, was über die Natur hinausgeht, was man nicht erfassen kann, es sie denn im Glauben. Wie soll das geschehen, sagte die heilige Jungfrau, da ich keinen Mann erkenne? Der Erzengel Gabriel antwortete: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten (Lukas 1:34 f.). Und du fragst noch, wie das Brot Leit Christi und der Wein und das Wasser Blut Christ wird? Auch ich sage Dir: Der Geist kommt herab und wirkt das, was Begreifen und Denken übersteigt.

 

Das Brot und der Wein sind nicht ein Bild für den Leib und das Blut Christi - das sei fern -, sondern der göttliche Leib des Herrn selbst, denn der Herr selbst sprach: Das ist mein Leib, aber nicht ein Bild meines Leibes, und: Das ist Mein Blut, nicht jedoch: Ein Bild Meines Blutes. Zuvor hatte Er zu den Juden gesagt: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst, und Sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch. Denn Mein Fleisch ist wirklich eine Speise, und Mein Blut ist wirklich ein Trank. Und weiter: So wird jeder, der Mich isst, durch Mich leben ( Johannes 6:53, 57).

 

Treten wir mit glühendem Verlangen hinzu und empfangen mit den flachen, ein Kreuz bildenden Händen den Leib des Gekreuzigten. Nehmen wir die göttliche feurige Kohle entgegen , damit das Feuer der Liebe in uns die Glut der feurigen Kohle annehme, unsre Sünden verbrenne und unsre Herzen erleuchte, und wir durch die Teilhabe am göttlichen Feuer licht und göttlich werden.

 

 

Eine glühende Kohle schaute Jesaja (vgl. Jesaja 6:6 f). Glühende Kohle ist nicht einfach Holz, sondern mit Feuer vereintes Holz. So ist auch das Brot nicht einfaches Brot der Gemeinschaft, sondern mit der Gottheit vereintes Brot. Teilnahme heißt dies Brot, denn dadurch nehmen wir an der Gottheit teil. Gemeinschaft heißt das Brot und ist es auch wirklich; denn dadurch haben wir Gemeinschaft mit Christus und erhalten Anteil an Seinem Fleisch und an Seiner Gottheit. Dadurch haben wir aber auch Gemeinschaft und Einheit untereinander. Da wir ein Brot empfangen, werden wir alle ein Leib und ein Blut Christi und Glieder untereinander, wenn wir handeln sind wir zu einem Leib Christi vereint."

 

 

Die Vorbereitung auf die Heilige Kommunion

 

von Vater Vassilios Papavassiliou 

 

Archimandrit Vassilios Papavassiliou ist Priester der Griechischen Orthodoxen Erzdiözese von Thyateira in Groß Britannien

 

In seinem Buch "Die Große Fastenzeit" schreibt Vater Alexander Schmemann: ...in vielen orthodoxen Kirchen wird die heutzutage allgemein angenommene Auffassung vertreten, daß die Laien unmöglich ohne sakramentale Beichte und Absolution zur Kommunion gehen können. Selbst wenn jemand häufig die Kommunion empfangen möchte, müßte er jedesmal zur Beichte gehen oder wenigstens die sakramentale Absolution empfangen. Was auch immer die verschiedenen und teilweise ernstzunehmenden Gründe für diese Auffassung auch sein mögen, muß hier offen festgestellt werden, daß diese nicht nur keine Grundlage in der Tradition haben, sondern im Gegenteil zu alarmierenden Entstellungen in der orthodoxen Lehre von der Kirche, der Eucharistie und dem Bußsakrament selbst führen.“

 

Obwohl Vater Alexander hier von der russischen Tradition spricht, ist klar, dass eine der größten Verzerrungen, auf die er sich bezieht, in unserem Verständnis der Eucharistie liegt. Nicht nur aus der Gewohnheit der Laien, sondern sogar aus dem Denken des Klerus und gelernter Theologen wird klar, dass wir die Eucharistie von der Liturgie getrennt haben. Ich meine damit, dass wir dazu neigen die ‚Teilnahme’ an der Liturgie als eine Sache zu sehen, und die Kommunion als etwas anderes, etwas ‚zusätzliches’. Dieses Prinzip wurde soweit getrieben, dass wir in den Weg eines Laien zur Kommunion endlose Grenzlinien und Hürden gelegt haben. Priester, die heftig bedauern, dass nicht häufiger kommuniziert wird, sind oft die Gleichen, die auf Regeln bestehen, die es dem Laien fast unmöglich machen an den Heiligen Mysterien, den Sakramenten, teilzuhaben.

 

Welches sind diese Hürden? Die erste Hürde ist die Beichte, oder auch die bloße ‚Absolution’.  Die zweite Hürde sind die ‚Gebete zur Vorbereitung auf die Heilige Kommunion’. Die dritte ist Fasten (denn uns wurde gesagt, dass man nicht kommunizieren darf, ohne sich zuvor seit dem vergangenen Abend, einen ganzen Tag oder sogar drei Tage von gewissen Speisen enthalten zu haben). Die vierte Hürde (wenn auch weniger häufig) ist die notwendige Anwesenheit beim Orthros und manchmal sogar bei der Vesper für eine ‚würdige’ Teilhabe an den heiligen Mysterien.

 

Bevor wir uns diese ‚Hürden’ näher betrachten, lesen wir einen Kommentar des Heiligen Johannes Cassianus (4./5. Jahrhundert) zur Heiligen Kommunion: 

 

"Es gibt Fälle, in denen sich der Priester nicht von einem Laien unterscheidet, namentlich wenn man die Heiligen Mysterien betrachtet. Sie werden uns alle gleichermaßen gereicht, nicht so wie im Alten Testament, wo ein Teil der Speisen für die Priester und ein anderer Teil für das Volk bestimmt war, denn dem Volk war es nicht erlaubt, an dem teilzuhaben, was den Priestern zugedacht war. Jetzt ist es nicht mehr so. Allen wird derselbe Leib und derselbe Kelch gereicht.“

 

Der Heilige Johannes Cassianus macht völlig klar, dass es bei der Heiligen Kommunion keinen Unterschied zwischen dem Klerus und den Laien gibt. Die Vorbereitung, die von dem einen verlangt wird, gilt auch für den anderen. Deshalb ist es bemerkenswert, dass einige Priester darauf bestehen, dass die Laien jedes Mal, wenn sie zur Kommunion gehen wollen zuvor zur Beichte gehen müssen. Ich würde gerne wissen, wieviele Priester vor jeder Liturgie, die sie feiern, zur Beichte gehen. Ist das nicht ein Fall wie bei Lukas beschrieben: „Ihr ladet den Menschen Lasten auf, die sie kaum tragen können, selbst aber rührt ihr keinen Finger dafür“ (vgl. Lukas 11:46). Der Rückgang der Beichte vielerorts ist sicher bedauernswert und zum Sakrament der Buße und Versöhnung muss gewiss erklärt und dazu ermuntert werden (erklärt nicht nur denen, die nie oder selten zur Beichte gehen, sondern auch denen, die es als etwas mechanisches ansehen – als ob regelmäßige Beichte – mit oder ohne echte Reue – uns für die Heilige Kommunion ‚würdig’ machen würde). 

 

 

Diese ‚Regel’, dass vor der Kommunion immer gebeichtet werden muss, was aber nicht für den Klerus gilt, scheint der Vermutung gleich zu kommen, dass die Kommunion eine ‚Verpflichtung’ des Klerus sei, aber nicht der Laien. Zudem scheint das Bestehen auf dem Sakrament der Beichte eine völlige Unkenntnis der auffallendsten und bestens bekannten Worte der Heilige Anaphora darzustellen: „Dies ist mein Leib ... dies ist mein Blut ... zur Vergebung der Sünden.“ Wenn wir wirklich glauben dass der Leib und das Blut Christi zur Vergebung unserer Sünden sind, warum verlangen wir dann die Vergebung der Sünden im Sakrament der Buße oder im Gebet der ‚Absolution’ bevor wir sie empfangen? Das Hl. Abendmahl scheint ein ‚Privileg’ des Klerus zu sein, und das Volk Gottes kann am Hl. Abendmahl nur teilhaben, wenn es einige Hürden überwunden hat. 

 

Die zweite Hürde sind die Gebete zur Vorbereitung auf die Heilige Kommunion. Der Gedanke, dass die Liturgie selbst – deren Ziel und Zweck die Teilhabe an den göttlichen Mysterien ist – selbst die Vorbereitung vor der Hl. Kommunion und die Danksagung danach ist, scheint uns nicht zu kommen. Während wir, der Klerus, gerne viele Gebete der Göttlichen Liturgie auslassen, sind wir viel weniger bereit ‚private Gebeten’ für erläßlich zu halten, als ob die Liturgie ein gemeinsamer Akt des Lobpreises wäre, aber die Heilige Kommunion eine rein private Angelegenheit. Die erste Erwähnung der Kommunion in der Göttlichen Liturgie ist im ‚Zweiten Gebet der Gläubigen’, das vor dem Cherubim-Hymnus gelesen werden sollte (obwohl es oft nicht einmal mehr leise vom Priester gebetet wird)

 

„Wieder und oftmals fallen wir vor Dir nieder und bitten Dich, ... daß Du, auf unser Gebet niederblickend, unsere Seelen und Leiber von aller Unreinheit des Leibes und des Geistes reinigen mögest und uns verleihen mögest, ohne Schuld und Verdammung vor Deinem heiligen Altar zu stehen. Schenke, Gott, auch denen, die mit uns beten, Vervollkommnung der Lebensführung .... Gewähre ihnen, ... ohne Schuld und Verdammung an Deinen heiligen Mysterien teilzunehmen und Deines himmlischen Reiches teilhaftig zu werden.“

 

 

Obwohl es offensichtlich ein Gebet des Priesters für das Volk ist: „Schenke auch denen, die mit uns beten“ und nicht notwendigerweise je dazu bestimmt war, vom Volk gehört zu werden, ist es ein Gebet, das für das Volk gebetet wird, damit es ‚würdig’ gemacht werde, an den Heiligen Mysterien teilzuhaben. Dieser Gedanke, dass der Priester für das Volk betet, dass es fähig gemacht werde zur Kommunion zu gehen, wird in anderen Gebeten (die leider auch oft ausgelassen werden) klar gemacht:

 

„Nimm auch die Bitte von uns Sündern an und führe uns an deinen heiligen Altar heran und mach uns fähig, dir Gaben und geistige Opfer für unsere Sünden und die Vergehen des Volkes darzubringen.“ 

 

„Damit wir deinen makellosen Leib und dein kostbares Blut empfangen und durch uns das ganze Volk.“ 

 

Fast alle Bitten und Gebete ab dem Cherubim-Hymnus (die Liturgie der Gläubigen) dienen dem Zweck der Vorbereitung auf die Kommunion. Ebenso dienen alle Gebete der Göttlichen Liturgie nach der Teilhabe an den heiligen Gaben der Danksagung für die Kommunion, obwohl das ‚Dansagungsgebet’ vielerorts ausgelassen wird oder vom Priester leise gebetet wird, obwohl nichts in diesem Gebet darauf hindeutet, dass es nur vom Priester allein gehört werden solle: 

 

„Wir danken dir, menschenliebender Herr, du Wohltäter unserer Seelen, daß du uns auch am heutigen Tag deiner himmlischen und unsterblichen Mysterien gewürdigt hast. Mach unseren Weg gerade, befestige uns alle in deiner Ehrfurcht, beschütze unser Leben, sichere unsere Schritte durch die Bitten und Gebete der ruhmreichen Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria und aller deiner Heiligen.“

 

 

Bei der dritten Hürde – dem Fasten – scheint einige Verwirrung zu bestehen zwischen ‚völliger Abstinenz’ und ‚asketischem Fasten’ (Enthaltsamkeit von bestimmten Speisen) vor der Kommunion. ‚Asketisches Fasten’ vor der Kommunion scheint in unserer Tradition keine Grundlage zu haben. Richtig ist, dass diejenigen, die gesund genug sind um zu fasten, sich aller Speisen und Getränke am Morgen der Kommunion enthalten sollten – außer vielleicht unter besonderen Umständen –, genauso wie diejenigen, die an der Heiligen Kommunion in der Liturgie der Vorgeweihten Gaben teilnehmen, sich aller Nahrung mehrere Stunden davor enthalten sollten. Aber die orthodoxe Tradition besteht nicht auf einem ‚asketischen Fasten’ ein oder zwei Tage vor der Kommunion.

 

Die vierte Hürde – dass wer kommunizieren will den Orthros oder sogar die Vesper besuchen sollte – hat ebenfalls keine Tradition. Vesper und Orthros sind zwei von der Göttlichen Liturgie ganz unterschiedliche Andachten. Wenn, wie ich gesagt habe, die Vorbereitung und die Danksagung für die Kommunion wesentliche Bestandteile der Göttlichen Liturgie sind, dann ist die Teilnahme an der Göttlichen Liturgie vom Anfang an oder wenigstens ab dem Beginn der Liturgie der Gläubigen (nach der Evangeliumslesung) notwendig. Sogar das kann für manche, die weit entfernt wohnen oder Säuglinge und kleine Kinder haben schwierig sein. Leuten, die mit solchen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, sollten wir Feingefühl und großes Verständnis entgegenbringen.

 

 

Verwundert es, wenn man sich die Hindernisse ansieht, die wir zwischen die heiligen Gaben und die Laien gesetzt haben, dass die häufige Kommunion mancherorts noch eine Seltenheit ist? Unser Klerus sollte vorsichtig sein, dass er nicht an die Laien größere Anforderungen zur Vorbereitung auf die Heilige Kommunion stellt, als an sich selbst. Die Eucharistie ist nicht eine Belohnung für gutes Benehmen, sie wird uns gewährt zur Vergebung der Sünden und für das ewige Leben. Wie es der Heilige Johannes Cassianus formuliert: 

 

„Wir dürfen nicht auf die Kommunion verzichten, weil wir uns für sündhaft halten. Wir müssen sie zur Heilung unserer Seelen und zur Reinigung unseres Geistes häufiger empfangen, jedoch in solcher Demut und in solchem Glauben, daß wir uns unwürdig fühlen ... wir würden ja auch mehr Medizin für unsere Wunden wünschen. Sonst ist es unmöglich, die Kommunion einmal im Jahr zu empfangen, wie es gewisse Leute tun ... in der Meinung, die Heiligung durch die himmlischen Mysterien sei nur Heiligen zugänglich. Der Gedanke ist besser, daß das Sakrament uns rein und heilig durch die uns geschenkte Gnade macht. Solche Leute bezeugen mehr Stolz als Demut ... denn, wenn sie die Kommunion empfangen, halten sie sich selbst für würdig. Es ist besser, daß wir demütig von Herzen im Bewußtsein, nie zum Empfang der Heiligen Mysterien würdig zu sein, sie dennoch jeden Sonntag zur Heilung unserer Schwächen empfangen, als durch Stolz verblendet zu meinen, daß man nach einem Jahr würdig wäre, sie zu empfangen ...“