Die Göttliche Liturgie - Liturgie der Katechumenen

 

Die Liturgie der Katechumenen

 

Dieser Teil der Feier der Göttlichen Liturgie ist in zwei Abschnitte gegliedert. 

 

Diese Zweiteilung geht auf die Unterscheidung zwischen den Katechumenen, den Taufbewerbern, die sich auf den Empfang des Mysteriums  der Erleuchtung und der heiligen Myronsalbung vorbereiten und den Gläubigen, die bereits getauft sind und sich auf dem Weg der immer innigeren Vereinigung mit dem HERRN Jesus Christus Selbst (Theosis) befinden. 

 

Während an diesem ersten Abschnitt der Liturgiefeier alle Menschen teilnehmen können, ist der zweite Teil der Göttlichen Liturgie, die wir deshalb „Liturgie der Gläubigen“ nennen, den Mitgliedern der Kirche, also den getauften Christen, vorbehalten. 

 

So erklärt Vater Alexander Schmemann, dass in den ersten Tagen der Kirche, als die Gläubigen „sich geschaffen haben und nicht geboren wurden“ (Tertullian), die Katechumenen vor ihrem Eintritt in die Kirche durch eine ziemlich lange Periode der Unterweisung und Belehrung  hindurch zu gehen hatten, bevor er zu den Heiligen Sakramenten (Taufe, Myronsalbung und Kommunion) zugelassen wurden.

 

Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass das erste Drittel der Heiligen Liturgie auf dieBedürfnisse der Katechumenen zugeschnitten ist.

 

Die Liturgie der Katechumenen wird auch auch als „Liturgie des heiligen Evangeliums“ oder „Liturgie des Hörens auf das Wort Gottes“ genannt. Dies begründet sich damit, dass sich diese Teil der Heiligen Liturgie im Wesentlichen aus Lesungen aus der Heiligen Schrift (=Apostel und Evangelium), und deren Erläuterung (= Predigt) zusammensetzt. Nach den Schriften der Heiligen Väter geht die Kommunion am Wort Gottes, also das gläubige Hören des offenbarten Gotteswortes und das Bewahren des Gehörten im Herzen des einzelnen Gläubigen notwendig der Kommunion als der Teilnahme am kostbaren Leib und allheiligen Blut des Herrn voraus.

 

Beide Formen der Kommunion sind gleich wichtig und bedingen einander. Sie stellen die beiden Arten unserer Teilnahme an Christi Heilwirken dar.

 

Die Liturgie der Katechumenen beginnt, wie jeder orthodoxe Gottesdienst, mit demEingangssegen, der den üblichen Lobpreis der Allheiligen Dreieinheit enthält. Diesem ist das Gebet des „Himmlischer König“ vorangestellt, weil es nach dem Zeugnis des heiligen Apostels und Evangelisten Johannes heißt: „Gott ist Geist, und die IHN anbeten, müssen in Geist und Wahrheit anbeten" (Johannes 4:24) und weil der heilige Apostel Paulus uns sagt: „Weil ihr aber Söhne seid, sandte Gott den Geist Seines Sohnes in unser Herz, den Geist, der ruft: Abba, Vater.“ Alles christliche Gebet entspringt dem Wirken des Heiligen Geistes. Deshalb beginnen wir die Feier der Göttlichen Liturgie mit der Anrufung des heiligen Geistes und dem Lobpreis des dreieinigen Gottes.

 

Hierauf folgt das große Fürbittengebet. Nun beten wir für die Anliegen der Kirche und halten Fürbitte für die wichtigen Anliegen der Welt und ihrer ganzen Gemeinschaft. Danach werden drei Antiphonen (ἀντίφωνος = entgegentönend, antwortend) gesungen. Die Antiphon ist ein Psalm oder aber ein Psalmvers, der im Wechsel mit einem Zwischenruf, der eigentlichen Antiphon, gesungen wird. Ob der ganze Psalm zu singen ist (Typika) oder bestimmte ausgewählte Psalmverse mit einem Zwischenruf, ist abhängig davon, ob es sich um einen Sonntag oder um einen besonderen Feiertag handelt. Dabei unterscheiden sich die slawische und die griechische Ordnung etwas voneinander. In vielen Gemeinden singt der Chor heute den gesamten Psalm der Typika oder die entsprechende Antiphon. Ursprünglich wurde jedoch der Psalm versweise abwechselnd von zwei Chören und von zwei Sängerpulten aus gesungen. Waren Antiphonen für diesen Tag vom Typikon angezeigt, so sang der rechte Chor die Verse, während der linke Chor den Kehrvers, die eigentliche Antiphon, vortrug. Nach dieser Ordnung wird heute noch in vielen orthodoxen Klöstern gesungen.

 

Während dieses Gesangs liest der Priester drei besondere Gebete, die eigentlich zu den drei Ektenien (Fürbitt-Gebeten) gehören, die wiederum den Vortrag der Antiphonen gliedern. 

 

 

 

Gebet zur ersten Antiphon:

 

Herr, unser Gott, Deine Macht ist unvergleichbar, Deine Herrlichkeit unbegreiflich, Deine Barmherzigkeit unermeßlich und Deine Huld unaussprechlich. Blicke selbst nach Deiner Barmherzigkeit auf uns und auf dieses Haus und handle mit uns und mit denjenigen, die mit uns beten, nach dem Reichtum Deiner Erbarmung und Deines Mitleides.

 

Gebet zur zweiten Antiphon: 

 

Herr, unser Gott, rette Dein Volk und segne Dein Erbe; bewahre Deine ganze Kirche, heilige diejenigen, welche die Zierde Deines Hauses lieben; verherrliche sie dafür durch Deine göttliche Macht und verlasse uns nicht, die wir auf Dich vertrauen.

 

Gebet zur dritten Antiphon: 

 

Du hast uns diese gemeinsamen und einmütigen Gebete geschenkt und auch zweien und dreien, die in Deinem Namen versammelt sind, Gewährung ihrer Bitten verheißen; erfülle auch jetzt die Bitten Deiner Diener zu ihrem Nutzen, gib uns in dieser Welt die Erkenntnis Deiner Wahrheit und schenke uns in der künftigen das ewige Leben.

 

 

 

 

Die erste Antiphon ist der Psalm 102. Er preist das Heilshandeln Gottes. Auch die zweite Antiphon (Psalm 145)  ist ein Lobpreis auf Gotttes Errettungstat. Nach der zweiten Antiphon wird der Hymnus „O eingeborner Sohn“ der einst vom Kaisers Justinian geschrieben wurde, vorgetragen. Er fasst das orthodoxe christologische Glaubensbekenntnis in einem kurzen Hymnus in prägnante Worte:

 

 

O eingeborener Sohn und Wort Gottes,  der Du unsterblich bist und der Du es auf Dich genommen hast, wegen unseres Heiles  Fleisch zu werden aus der heiligen Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria.  Ohne Veränderung Mensch geworden;  Gekreuzigter, Christus Gott, der Du durch den Tod den Tod vernichtet hast. Du  Einer aus der allheiligen Dreieinheit, gleich verherrlicht mit dem Vater und dem Heiligen Geiste. Retter, rette uns!

 

Als dritte Antiphon werden die Seligpreisungen (Matthäus 5:1-10) gesungen. Ab dem 12. Vers an Hochfesten, beziehungsweise ab dem 8. Vers an den Sonntagen werden zwischen die einzelnen Makarismen (Makarismus = Heilszusage) Stichiren eingefügt. Sie sind der 3. und  der 6. Ode im Kanon aus dem Morgengottesdienst entnommen. Diese Zwischenverse entfallen in den meisten Gemeindekirchen und werden nur im klösterlichen Gottesdienst vorgetragen.

 

Mit dem „Kleinen Einzug“ wird der Höhepunkt der „Liturgie der Katechumenen“ eingeleitet. Unser HERR Jesus Christus tritt in der Ikone Seines Wortes, den heiligen Evangelium, in die Mitte der versammelten Gemeinde. Bei diesem Einzug trägt der Diakon vom Priester begleitet das Evangelienbuch (Evangeliar). Das Evangelienbuch symbolisiert Christus Selbst, der durch Sein lebendigmachendes Wort uns den Weg zum Heil und zur Errettung weist. Deshalb ist das Evanglienbuch in einen kostbaren Einband eingeschlagen. Vor dem kleinen Einzug spricht der Priester das folgende Gebet:

 

Gebieter, Herr unser Gott. Du hast im Himmel die Ordnungen und Heere der Engel und Erzengel zum Dienste Deiner Herrlichkeit aufgestellt: bewirke, daß mit unserm Eingange der Einzug heiliger Engel erfolge, die mit uns opfern und Deine Güte verherrlichen. Denn Dir gebührt aller Ruhm, Ehre und Anbetung, dem Vater, dem Sohne und dem Heiligen Geiste, jetzt und allezeit und in alle Ewigkeit.

  

Beim Kleinen Einzug singen wir den Gesang: „Kommt uns lasset uns anbeten und niederfallen…“.

 

Kommt, lasset uns anbeten und niederfallen vor Christus, errette uns, Sohn Gottes, der du von den Toten auferstanden bist, die wir dir singen: Alleluja.

  

Zur Zeit des heiligen Johannes Chrysostomus und des heiligen Basilius des Großen begann damit die eigentliche Liturgiefeier. Das Volk hatte sich schon früh am Morgen in der Hagia Sophia, der Bischofskirche von Konstantinopel versammelt. Während es auf die Prozession der Kleriker, die den Patriarchen auf den Weg zum Gottesdienst begleitete, warten, sang das Volk im Wechsel mit dem Sängerchor Psalmen, die von den Antiphonen gegliedert wurden. Bei Eintreffen des Patriarchen wurde ihm das Evangelienbuch entgegen getragen. Dabei sangen die Sänger das „Kommt uns lasset uns anbeten und niederfallen…“. Nachdem der Patriarch das heilige Evangelium verehrt hat, zog er unter Begleitung des Klerus feierlich in die Kirche zu seinem Platz auf der Bema. Dort begann mit dem Gesang des „Heiliger Gott, Heiliger Starker…“ die Feier der Göttlichen Liturgie.

 

Vor dem „Heiliger Gott“ spricht der Priester das folgende Gebet:

 

Heiliger Gott, der Du im Heiligtume ruhest, von den Seraphim mit dem dreimal heiligen Gesänge gepriesen und von den Cherubim verherrlicht und von jeder himmlischen Macht angebetet wirst! Du hast alles vom Nichtseienden ins Dasein gerufen, Du hast den Menschen nach Deinem Gleichnisse und Ebenbilde erschaffen und ihn mit Deiner Gnade geschmückt. Du gibst den Bittenden Weisheit und Verstand und verwirfst den Sünder nicht, sondern legst ihm zum Heile Buße auf. Du hast uns, Deine niedrigen und unwürdigen Diener, gewürdigt, zu dieser Stunde vor der Herrlichkeit Deines Altares zu stehen und Dir die schuldige Verehrung und Anbetung darzubringen. Nimm, o Herr, aus unserm sündigen Munde den dreimal heiligen Hymnus an und blicke in Deiner Güte auf uns hernieder. Vergib uns jede freiwillige und unfreiwillige Sünde, heilige unsere Seelen und Leiber und verleihe uns durch die Fürbitten der heiligen Gottesgebärerin und aller Heiligen, die Dir von Anfang gefallen haben, alle Tage unseres Lebens in Heiligkeit Dir zu dienen. Denn Du unser Gott bist heilig und zu Dir senden wir Preis empor, zum Vater, zum Sohne und zum Heiligen Geiste, jetzt und allezeit und in alle Ewigkeit.

 

Die Liturgie der Katechumenen wird auch Liturgie des Wortes genannt, weil in diesem Teil der Liturgie die Lesungen aus dem Apostelbuch und dem heiligen Evangelium im Mittelpunkt stehen.  Die Heiligen Schriften bilden nach orthodoxen Verständnis, Christus das inkarnierte, das heißt wahrhaft Mensch gewordene Wort Gottes ab ( = Der altgriechische Ausdruck logos λόγος, lateinisch verbum, hebräisch דבר davar) verfügt über einen außerordentlich breiten Bedeutungsraum. Im Neuen Testament bezeichnet er Christus den Sohn und das Wort Gottes (vgl.:„...Und das Wort ist Fleisch geworden…“ (Johannes 1:14). Die Heiligen Schriften wurden von heiligen Aposteln unter dem Beistand des heiligen Geistes verfasst. Deshalb bilden sie auch den Kern dessen, was wir durch unseren HERRN Jesus Christus Selbst verkündet, durch die heiligen Apostel überliefert, gepredigt und ausgelegt und von der Heiligen Orthodoxen Kirche durch alle Zeiten treu bewahrt  und weitergereicht wurde. Durch die heiligen Schriften und durch die Heilige Apostolische Tradition  wissen wir um den wahren unverfälschten christlichen Glauben und können diesen von den im Laufe der Kirchengeschichte aufgetretenen Sondermeinungen (Häresien von griechisch αἵρεσις = willkürliche Auswahl, Anschauung, Schulmeinung) unterscheiden. Neben der Heiligen Schrift ist die Heilige Apostolische Tradition Quelle des rechten Glaubens. Denn alles, was uns durch die mündliche Lehre der Apostel von den weiteren Anordnungen unseres HERRN Jesus Christus und von den Handlungsweisen der Urkirche überliefert wurde, jedoch nicht in den Heiligen Schriften aufgezeichnet wurde, nennen wir die Heilige Apostolische Tradition

 

Die heiligen Schriften und die Heilige Tradition zusammen bilden das Glaubensgut, das einen Christen, wenn er in Glauben und Liebe daran festhält, zu ein Rechtgläubigen, zu einem Orthodoxen macht. Von der Heiligen Apostolischen Tradition sind aber deren Interpretationen, also die verschiedenen orthodoxen Lokaltraditionen, zu unterscheiden. Sie verändern sich im Laufe der Jahrhunderte und sind auch von Ort zu Ort verschieden. Sie sind der legitime Ausdruck der katholischen und apostolischen Fülle, den ein im Orthodoxen Glauben lebendes, christusliebendes Volk den Lehren des Heiligen Evangeliums, der Heiligen Apostolischen Tradition und dem gottesdienstlichen Leben der Kirche im Laufe der Zeiten zu geben vermag. Sie sind Schmuck und Ausdrucksform, nicht jedoch Inhalt der Orthodoxie; sie sind ihr orts- und zeitgebundenes Kleid, ihr lokales Spiegelbild und für den einzelnen orthodoxen Gläubigen die persönliche Heimat, die er von Kindesbeinen an kennt und lieb gewonnen hat. Jedoch hat jede Lokaltradition für die örtlichen Gläubigen diesen Wert. Russische Traditionen sind deshalb nicht besser oder schlechter als griechische, serbische oder rumänische etc. Gemeinsam und zusammen sind sie Ausdruck der orthodoxen Fülle der kirchlichen Katholizität.

 

Die Heilige Schrift wiederum ist das Wort Gottes im Munde des Apostels oder Evangelisten. Gott bedient sich dabei der Auffassungsgabe, dem Denkhorizont und Erinnerungsvermögen des heiligen Schreibers. Deshalb ist der Heilige auch nicht das menschliche Diktiergerät, sondern der Mitarbeiter Gottes bei der Überlieferung der Heilbotschaft. Darum bleibt die Heilige Schrift die „heilige Ikone des Logos“, der Christus Selbst ist. Sie zeigt uns Christus, so wie der heilige Schreiber IHN als Person und Sein Wirken erlebt und erfahren hat. Deshalb gibt es auch vier heilige Evangelien und neunzehn  Apostelbriefe. Die Apostelbriefe sind Lehr- und Ermahnungsschreiben, die zur frühchristlichen Briefliteratur gehören und sich an die frühen Ortskirchen der Christenheit wenden. Die vier Evangelien wiederum „malen“ uns immer wieder eine weitere Facette der Person und des Wirkens Christi vor Augen. Als Orthodoxe hören wir die Heiligen Schriften mit den Ohren des Glaubens und betrachten sie mit den Augen unserer Heiligen Orthodoxen Kirche, nicht jedoch mit der Kritiksucht eines wechselhaften Zeitgeistes. Denn wir wissen durch unsere Heiligen Väter, dass der Sündenfall einst auch den menschlichen Verstand zu Fall gebracht hat. „Ein Stückwerk ist unser Erkennen“ (1. Kor 13:9), so sagt uns der heilige Apostel Paulus.

 

Auf den „Kleinen Einzug“ folgen die Troparien das Dreimalheilig (Trisagion = griechisch τρίς „dreimal“ und ἅγιον „heilig“), welchen die heiligen Engel ewig vor dem Thron Gottes in den Himmeln singen.

 

Heiliger Gott, heiliger Starker, heiliger Unsterblicher, erbarme dich unser.

  

Dann folgen die Lesungen aus der Heiligen Schrift, die jeweils mit Psalmversen eingeleitet werden. Der Lektor liest zunächst im Wechsel mit dem Sängerchor den Prokimen und dann trägt der die Apostellesung vor. Danach singt er wiederum im Wechsel mit dem Chor die Verse des Alleluija. Nun trägt der Diakon oder der Priester die Lesung aus dem heiligen Evangelium des Tages vor. Diese wird durch das priesterliche Gebet vor der Lesung des heiligen Evangeliums eingeleitet:

 

Lass leuchten in unseren Herzen, menschenliebender Gebieter, das unvergängliche Licht deiner Gotteserkenntnis und öffne die Augen unseres Verstandes zum Verständnis der Botschaft deines Evangeliums. Gib uns auch die Furcht vor deinen seligmachenden Geboten ein, damit wir alle fleischlichen Begierden niedertreten, einem geistlichen Lebenswandel nachgehen und alles zu deinem Wohlgefallen sinnen und tun. Denn du bist die Erleuchtung unserer Seelen und Leiber, Christus Gott, und dir senden wir die Verherrlichung empor, samt deinem anfanglosen Vater und deinem allheiligen und guten und lebenschaffenden Geiste, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

 

Danach deutet der Priester das verlesene Kapitel aus dem Evangelium und stellt uns seine wichtigsten Aussagen vor Augen. In der russischen, serbischen und rumänischen orthodoxen Kirche hat sich zunehmend die Praxis durchgesetzt, dass die Predigt vor der Kommunion oder im Anschluss an die Heilige Liturgie stattfindet. Nachdem wir alle die Lesungen und die Predigt aufmerksam gehört haben, das heißt, sie als das Wort Gottes und seine Weisung für unser persönliches Leben wahrgenommen haben, folgt jetzt der Teil der Göttlichen Liturgie, der in besonderer Weise der Fürbitten gewidmet ist. Jede orthodoxe Landeskirche gestaltet diesen Teil der Liturgiefeier nach ihren besonderen Bedürfnissen. Zunächst folgt die "inständie Ektenija", in vielen Kirchen wird daran die Ektenija für die Entschlafenen angefügt, obwohl das Totengedenken nach der kirchlichen Ordnung am Samstag und nicht am Sonntag (Gedächtnis der Auferstehung Christi) gehalten werden soll. In unserer Gemeinde schließen sich Gebete für die Christen und alle leidenden Menschen in Syrien und im Irak an und wir beten für die unter dem Bürgerkrieg im Osten der Ukraine Leidenden. Die Fürbitten schließen mit der Ektenija für die KatechumenenIn ihnen betet die versammelte Gemeinde einerseits für die anwesenden Katechumenen der Gemeinde, anderseits in übertragener Weise auch dafür, dass das Wort Gottes die Herzen aller Menschen in Nah und Fern erreichen möge. Gerade in unseren westlichen Gesellschaften, die so stark vom Agnostizismus, also einer Lebensweise, als ob es Gott nicht gäbe oder zumindest für das Leben der Menschen keine praktische Bedeutung habe geprägt sind, ist unser aller Gebet um die Ausbreitung des Gotteswortes in den Herzen der Menschen besonders wichtig und sollte nicht weggelassen werden, nur weil es in der konkreten Einzelgemeinde gerade keine Katechumenen gibt. An die Fürbitten für die Katechumenenschließt sich ein Gebet an, bei dem die Katechumenen aufgefordert sind, das Haupt vor dem HERRN zu neigen. Da auch wir Getauften, die wir immer wieder von neuem die Einwurzelung des heiligen Evangeliums in unseren Herzen brauchen, neigen mit den Katechumenen zusammen das Haupt vor dem Herrn. Nun folgt die Entlassung der Katechumenen. In bestimmten orthodoxen Gemeinden folgt nun die mehrmalige traditionelle Aufforderung an die Katechumenen, die Kirche jetzt vor Beginn der Feier der Heiligen Eucharistie zu verlassen. In anderen Gemeinden wird auf diese Aufforderung mit einer meist missionarisch orientierten Begründung verzichtet. Nun geht die Feier der Göttlichen Liturgie vom „Gottesdienst des Gotteswortes“ zur „Feier der heiligen Eucharistie“, von der Liturgie der Katechumenen zur Liturgie der Gläubigen über.

 

 

Die Liturgie der Katechumenen 

 

3. Teil  der Vortragsreihe in Rahmen der Gemeindekatechese zum Thema "Göttliche Liturgie"

 

Thomas Zmija v. Gojan

 

Der zweite Teil der Liturgie heißt Liturgie der Katechumenen, also Liturgie der Taufbewerber, weil an ihr nicht nur Getaufte teilnehmen können, sondern auch diejenigen, die sich auf den Empfang des Sakraments der Taufe vorbereiten. Dies wird heutzutage nicht mehr in allen orthodoxen Lokalkirchen so streng gehandhabt.

 

Es ist der Wortgottesdienst der Göttlichen Liturgie.

 

Der Diakon geht, nachdem er vom Priester den Segen erhalten hat, aus dem Altar auf den Ambon und ruft laut: "Segne, Gebieter", das heißt er erbittet um den Segen für den Beginn des Gottesdienstes.

 

Der Priester verherrlicht in seinem ersten Gebetsruf die Heilige Dreieinigkeit: "Gepriesen sei das Reich des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, jetzt und immerdar und in alle Ewigkeit." Die Sänger, die das Volk im Gebet gesanglich unterstützen, singen "Amen"

 

Darauf betet der Diakon die Große Ektenie. Der Diakon symbolisiert in der irdischen Liturgie den anbetenden Dienst der Engel, während der Bischof oder der Priester den Lirurgen Christus symbolisieren.

 

Der Chor singt nun den ersten der Typikapsalmen "Lobpreise, meine Seele, den Herrn…" Darauf betet der Diakon eine Kleine Ektenie und der Chor singt den zweiten der Typikapsalmen "Lobe den Herrn, meine Seele…". An bestimmten Festttagen singt der Chor jedoch nicht die Typikapsalen, sondern die Antiphonen, also einzelne Psalmverse, die ursprünglich abwechselnd von einem rechten und linken Chor gesungen wurden.

 

Nach dem Zweiten Psalm beziehungsweise der zweiten Antiphon wird das Lied „Einziggeborener Sohn…“ gesungen. Darin ist in kurzer und prägnanter Weise die ganze Lehre der Kirche über unseren HERRN und GOTT Jesus Christus dargelegt:

 

"Oh Eingeborener Sohn und Wort Gottes, der Du unsterblich bist! Du hast es auf Dich genommen, um unseres Heiles willen Fleisch zu werden von der heiligen Gottesgebärerin und Immerjungfrau Maria, und bist ohne Veränderung Mensch geworden. Du wurdest gekreuzigt, Christus, Gott, und hast durch den Tod den Tod überwunden. Du bist Einer der Heiligen Dreieinheit gleich verherrlicht mit dem Vater und dem Heiligen Geiste: Retter, rette uns!"

 

 

Nach einer kleinen Ektenie singt der Chor nun die dritte Antiphon -die Seligpreisungen des Evangeliums. Sie werden mit der Bitte des guten Schächers am Kreuz eingeleitet: "In Deinem Königreiche gedenke unser, oh Herr, wenn Du kommst in Dein Reich!"

 

Waren die königlichen Türen traditionell bisher geschlossen, so werden sie nun für den Kleinen Einzug geöffnet. Heute sind die königlichen Türen in den meisten orthodoxen Landeskirchen für die gesamte Dauer der Göttlichen Liturgie geöffnet. Nur die russische Kirche hält bis heute am ursprünglichen Brauch fest, erst hier die Königstüren zu öffnen. Dies symbolisiert, dass durch das Kommen Christi, der nun in der Ikone Seines heilbringenden Wortes, des heiligen Evangeliums in die Mitte des Gottesvolkes getragen wird, die Scheidewand zum Heil durchbrochen wurde.

 

Evangelieneinband, Kilikien/Kleinasien Mitte des 13. Jahrhunderts.
Evangelieneinband, Kilikien/Kleinasien Mitte des 13. Jahrhunderts.

 

Gegen Ende des Gesangs der Seligpreisungen gehen der Priester und der Diakon, welcher das Evangelienbuch trägt, auf den Ambon vor der Ikonostas durch die nördliche Seitentür hinaus. Nachdem er den Segen vom Priester erhalten hat, tritt der Diakon in die Königstür, erhebt das Evangeliar und ruft: "Weisheit! Aufrecht!" Er erinnert das zur Liturgie versammelte Volk Gottes, dass es in Kürze im Evangelium das Wort des Heilandes hören werden und deshalb aufrecht und aufmerksam stehen sollen.

 

Der Einzug der Zelebranten mit dem Evangeliar in den Altar heißt Kleiner Einzug, im Unterschied zum Großen Einzug, der während der Liturgie der Gläubigen stattfindet.

 

Der Kleine Einzug erinnert die Gläubigen an das erste öffentliche Auftreten Jesu Christi. Der Chor singt die Hymne zum Einzug: "Kommt, lasset uns anbeten und niederfallen vor Christus …". An dieser Stelle begann zur Zeit des Heiligen Johannes Chrysotomus erst die Feier der Göttlichen Liturgie. An dieser Stelle zieht heute noch im Pontifikalgottesdienst der Bischof von seinem Platz in der Mitte der Gläubigen in den Altar ein.

 

Danach werden das Troparion, ein Festhymnus , des Sonntags, des Feiertags oder des Heiligen und ein zweites Festlied, das Kondakion gesunden. Mit dem Gesang des Prokimenon, einen feierlichen Psalmvers, der vom Leser und den Sängern im Wechsel vorgetragen wird, beginnen die Lesungen aus der Heiligen Schrift. Nach der Lesung aus den Briefen der heiligen Apostel folgt ein weiterer Psalmvers, der mit dem dreifachen Alliluja beantwortet wird. Dann verkünden der Diakon oder der Priester die Frohe Botschaft, was das griechische Wort Evangelium bedeutet.

 

Nach der Lesung des Evangeliums wird in der Inständigen Ektenie der besonderen Bitten der Kirche, der Gemeinde und aller Gläubigen gedacht. Danach folgt die Ektenie für die Katechumenen. Mit den Fürbitten für die Taufbewerber endet die Liturgie der Katechumenen.